Italien 8.1


Mit ein wenig Verspätung gibt es heute den achten Teil aus „Italien“.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und möchte wie immer gerne wissen was ihr über meinen Text denkt 🙂

Liebe Grüße,

John

Die warmen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht weckten mich am nächsten Morgen. Die Sonne fiel genau durch den offenen Zelteingang hinein. Verschlafen schaute ich mich um: Die Schlafsäcke lagen durcheinander im Zelt verstreut, Eddys Platz war leer. Verwundert schaute ich nach draußen, ob ich ihn am Strand irgendwo entdecken konnte, doch durch das eingeschränkte Blickfeld war er nirgends zu sehen. Für einen Moment drohte mich Unruhe zu befallen, dass er einfach abgehauen sein könnte, doch diese Furcht drängte ich sofort wieder beiseite. Ich wollte schon das Zelt verlassen, als mir auffiel, dass ich noch immer unbekleidet war. Auch wenn davon auszugehen war, dass niemand außer uns an diesem Strand war, hielt ich es für besser mit etwas anzuziehen. Mit T-Shirt und Shorts bekleidet krabbelte ich aus dem Zelt. In der warmen Morgensonne streckte ich mich erst einmal. Es war ein toller Morgen, die Sonne strahlte in aller Schönheit, der Himmel war wolkenlos blau und die Wellen brachen wieder besonders gut. Ich suchte kurz das Meer ab und war mir sicher Eddy dort mit seinem Surfbrett zu entdecken, aber es gab keine Spur von ihm. Seine Tasche und der ganze Rest waren noch da, also ging ich davon aus, dass er hier irgendwo sein musste. Lange ließ ich meinen Blick über den Strand und die Dünen streifen, bis ich Eddys braunen Schopf schließlich auf einem der hohen Steinwälle entdeckte, welche die Bucht so schön abschirmten. Insgeheim rügte ich mich selber dafür, dass ich gedacht hatte, er könne sich aus dem Staub gemacht haben. Ich machte mich auf dem Weg zu ihm und begann die Steinwand zu erklimmen. Er schien mich gar nicht zu bemerken, langsam und vorsichtig näherte ich mich ihm, so konnte ich ihn wenigsten ordentlich erschrecken. Er hatte sich ganz an das Ende des Walls gesetzt, sodass es eine Weile dauerte, bis ich über die spitzen Steine zu ihm vorgedrungen war. Endlich stand ich genau hinter ihm und da erkannte ich auch den Grund, warum er mich nicht bemerkte: Er hatte Kopfhörer in den Ohren. So saß er dort, seine Musik auf den Ohren und schrieb irgendetwas auf einen Block. Für einen Moment überlegte ich, ob ich ihn jetzt wirklich erschrecken sollte, doch meine Skrupel hielten nicht lange vor. Ich packte ihn an den Schultern, schüttelte ihn und schrie ein lautes „Buuuuuuuhhh“ in sein Ohr.

Er zuckte so heftig zusammen, dass er beinahe seinen Kulli und den MP3-Player weggeworfen hätte.

„Junge… wie kannst du mich nur so erschrecken?“, entgeistert schaute er mich an.

„Entschuldige, aber du hast das einfach provoziert.“, sagte ich und lächelte ihn an.

„Du wirst schon noch sehen was du davon hast!“, drohte er mir, dann zog er meinen Kopf zu sich hinunter und gab mir einen Kuss. Mein Inneres schlug bei diesem Kuss wieder einmal Purzelbäume, ich konnte es immer noch nicht glauben, dass mein Traum in Erfüllung gegangen war. Glücklich schaute ich ihn an, dann setzte ich mich neben ihn.

„Was machst du hier oben?“, fragte ich ihn.

„Ach nichts besonderes, ich habe lediglich Musik gehört und an einem Song geschrieben.“, antwortete er mit einem Schulterzucken.

„An einem Song geschrieben?“

„Ja, ich spiele Gitarre und schreibe meine eigenen Songs.“, er schien ein wenig verlegen zu sein, als er das sagte.

„Wirklich? Das ist ja cool, kann ich mal was hören?“, fragte ich ihn weiter.

„Nee, eher nicht, ich hab ja meine Gitarre nicht dabei, außerdem ist das mehr so ein Ding für mich selbst, ich singe nicht vor anderen.“

„Warum nicht? Ich bin mir sicher, dass du das gut kannst. Ich würde jedenfalls gerne einmal etwas von dir hören.“, versuchte ich ihn zu überreden.

„Nein.“, erwiderte er scharf, als er jedoch meinen enttäuschten Gesichtsausdruck sah lenkte er ein: „Vielleicht ein anderes Mal.“

Damit gab ich mich erst einmal zufrieden, schließlich hatte ich aus meinen Fehlern gelernt, und wusste, dass es keine gute Idee war ihn zu irgendetwas drängen zu wollen.

„Na gut. Wie lange machst du schon deine eigene Musik und schreibst Songs?“, fragte ich.

„Mhh schon länger, ich habe vor einigen Jahren angefangen Gitarrenunterricht zu nehmen und in der Folge irgendwann auch angefangen meine eigene Musik zu machen. Songtexte schreibe ich auch schon eine ganze Weile, obwohl ich jetzt schon lange keine neuen Songs mehr geschrieben hatte, heute war das erste Mal seit einer Ewigkeit.“, erklärte er.

„Klingt doch gut. Hast du schon einmal etwas aufgenommen?“

„Ja schon, aber das ist alles nicht wirklich gut. Die Möglichkeiten bei mir zu Hause sind auch nicht so groß, ich habe keine wirkliche Ausrüstung, mit der ich das machen könnte.“

„Ist doch egal, hauptsache du hast schon einmal etwas aufgenommen. Ich würde es gerne hören, sobald du mich lässt.“

„Ok ich werde dich schon noch lassen, keine Sorge.“, bot er mir lächelnd an.

„Ich hatte ja eigentlich damit gerechnet dich bei den Wellen im Wasser auf deinem Surfbrett vorzufinden.“

„Jaaa, die Wahl ist mir auch vorhin nicht gerade leicht gefallen. Die Wellen kommen heute wirklich wieder sehr gut, aber ich war heute endlich mal wieder inspiriert einen Song zu schreiben und da habe ich meiner kreativen Ader nachgegeben. Fürs Surfen haben wir ja gleich immer noch genug Zeit, doch zuerst sollten wir etwas frühstücken.“, schlug er vor.

„Aber sicher. Wollen wir mal schauen, was unsere Vorräte noch so Frühstücksmäßig hergeben.“, antwortete ich und erhob mich, nachdem ich ihm einen Kuss gegeben hatte.

So machten wir uns an den Abstieg von dem Steinwall und überlegten uns, was man wohl aus unseren Vorräten an Frühstück zaubern konnte.

Erstaunlicherweise fand sich in den Kühltaschen die wir mitgebracht hatten einiges, dass sich zum Frühstück eignete. Meine Eltern hatten, im Gegensatz zu mir, anscheinend mitgedacht und uns Milch, Haferflocken und Obst eingepackt, woraus sich zumindest ein ordentliches Müsli machen ließ.

„Also, was machen wir heute?“, fragte ich zufrieden mampfend.

„Ich weiß nicht, wir haben alle Möglichkeiten. Wir können irgendwo hinfahren, wir können hier bleiben, wir können aber auch schon wieder zurück auf den Campingplatz fahren, wenn du das möchtest.“, schlug er vor.

„Nein. Dahin müssen wir nun wirklich noch nicht. Ich bin dafür, wir bleiben erst einmal noch hier, genießen das Wetter und die Zweisamkeit.“, bot ich an.

„Ja, das klingt gut. Zurück kommen wir noch früh genug.“ Er lächelte mich an.

„Mhh wie sieht das eigentlich aus, wenn wir zurück kommen? Wissen deine Eltern schon um deine Neigung, oder nicht?“, fragte ich. Da er mir offenbart hatte, dass er ja schon länger um seine Sexualität wusste, ging ich eigentlich davon aus, dass er es ihnen schon gesagt hatte, doch bevor ich mich auf falschen Annahmen ausruhte, wollte ich lieber noch einmal nachfragen.

„Nein, sie wissen noch nichts davon.“, gab er zurück.

„Wirklich? Warum nicht?“, fragte ich überrascht.

„Ich habe lange Zeit keinen Grund dafür gesehen es ihnen zu sagen.“, sagte er mit einem Schulterzucken.

„Auch nicht, als du mit deinem Freund Kim zusammen gekommen bist?“

„Doch, zu der Zeit fing ich an darüber nachzudenken, es ihnen zu sagen. Doch irgendwie habe ich es nie übers Herz gebracht und dann ist da auch noch das mit…“, mitten im Satz hörte er auf.

„Was ist da?“ Er schien mit sich selbst zu ringen. „Du kannst es mir ruhig sagen.“, ermutigte ich ihn. Für einen Moment sah es so aus, als wollte er es mir sagen.

„Nein, noch nicht, es geht noch nicht.“, entschuldigte er sich. „Jedenfalls kam dann noch etwas dazwischen und seitdem, möchte ich das meinen Eltern nicht antun.“, erklärte er, mich weiter im Dunkeln lassend.

„Okay.“, sagte ich etwas enttäuscht  darüber, dass er mir noch immer nicht genug vertraute, um mir zu erzählen was war. Nach der letzten Nacht, hatte ich gedacht, dass er eigentlich so weit sein müsste. „Glaubst du denn, sie hätten ein Problem damit?“, hakte ich nach.

„Ich bin mir nicht sicher. Manchmal glaube ich, dass es ihnen egal wäre, manchmal bekomme ich aber auch das Gefühl, dass sie es gar nicht gutheißen würden. Auch das verunsichert mich natürlich.“, sagte er.

„Das kann ich verstehen. Ich kenne deine Eltern jetzt nicht gut genug um das wirklich einschätzen zu können. Allerdings machten sie auf mich nicht so den Eindruck, als ob sie es schlimm fänden“, teilte ich ihm meine Sicht der Dinge mit.

„Ich weiß es nicht. Ich werde es ihnen schon noch irgendwann sagen. Was ist mit dir? Du hast deine Eltern noch nicht aufgeklärt oder? Wenn du es selbst erst seit einigen Tagen weißt?“, fragte er.

„Doch, zumindest mein Vater weiß schon wie der Hase läuft.“

„Tatsächlich?!“

„Ja, ich war letztens so verwirrt, das ich unbedingt jemanden zum Reden brauchte und da fiel mir niemand anderes als mein Vater ein. Also habe ich die Gunst der Stunde genutzt, als wir alleine in der Küche waren und habe mich ihm offenbart.“

„Na, wie ist es gelaufen?“, fragte er, etwas ungeduldig.

„Sehr gut.“, antwortete ich, schmunzelnd. Ich erzählte ihm anschließend die ganze Geschichte, wie ich mir unsicher war, mich schließlich doch durchgerungen hatte, wie mein Vater es fertig gebracht hatte mir einen gehörigen Schrecken einzujagen und schließlich sogar noch, wie mein Vater mir von seiner Vergangenheit berichtet hatte.

„Na das nenne ich einmal eine coole Reaktion!“, sagte er, als ich fertig war.

„Für mich war es nicht ganz so witzig, mir ist im ersten Moment das Herz stehen geblieben, sage ich dir.“

„Das kann ich mir vorstellen, aber ich kann mir auch denken, wie viel Spaß dein Vater daran gehabt haben muss. Am Ende zählt ja nur, dass er es akzeptiert und keinerlei Probleme damit hat. Hast du vor, es deiner Mutter auch noch zu sagen?“

„Ja, schon, aber ich weiß noch nicht wann. Ist mir aber auch gleich. Ich glaube meinem Vater, wenn er sagt, dass es meiner Mutter auch keine großen Probleme bereiten sollte, also werde ich es ihr sagen, wenn die Situation es zulässt. Das bedeutet für uns wohl, dass wir uns nicht zeigen können, zumindest nicht, so lange deine Eltern in der Nähe sind?“, stellte ich fest.

„Ja bitte, mir wäre nicht wohl dabei, sie damit auch noch so zu überfallen. Ist das ok für dich?“, fragte er.

„Mhh ja, es  ist zwar etwas schade, weil ich mich wirklich darüber gefreut hatte mich offen mit dir zu zeigen, aber ich kann es verstehen.“

„Danke.“, wieder lächelte er mich an.

„Da gibt es nichts zu danken.“, erklärte ich. „Was hältst du davon, wenn wir erst einmal eine Runde ins Wasser gehen?“, fragte ich.

„Gerne, aber wir sollten nicht zu wild zu Werke gehen, denn ich bin vollgefuttert… Wie geht es überhaupt deiner Hand?“

„Das geht schon, die Schmerzen halten sich in Grenzen und ich glaube mit deiner Handschuhkonstruktion und ohne Rangelei, sollte das in Ordnung gehen.“, erklärte ich.

„Perfekt!“, antwortete er.

Danach spülten wir im Meer einmal schnell die Schalen durch und räumten die Lebensmittel weg, bevor es zu einer gemütlichen Runde Schwimmen ins Wasser ging.

Es folgte ein Tag ähnlich dem zuvor, mit schwimmen, surfen und rumalbern, nur, dass wir heute eine Paar waren und nicht nur Freunde, wie es noch gestern der Fall gewesen war.

Zitternd kam ich aus dem Wasser und lief zu meinem Handtuch.

„Es ist echt kühl geworden.“, stellte ich fest.

„Ja, erstaunlich, wie schnell das manchmal geht.“, stimmte er mir zu. Das Wetter war eigentlich den ganzen Tag gut gewesen, doch innerhalb der letzten Stunde hatte es sich zunehmend zugezogen. Dichte Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und tauchten die Bucht in ein ungemütliches grau.

„Wir sollten sehen, dass wir die Sachen zusammenpacken. Ich kann mir vorstellen, dass es bald anfängt wie aus Eimern zu schütten. Das Wetter dieses Jahr ist komisch, so wechselhaft habe ich es noch nicht erlebt.“, tat er seiner Verwunderung kund.

Wir trockneten uns so schnell es ging ab und begannen eilig damit, die Sachen alle zusammen zu räumen. Wir hatten es schon geschafft zumindest die Kühltaschen ins Auto zu bringen und unsere Taschen zu packen, als es anfing zu Regnen, als gäbe es kein Morgen mehr. Eilig verkrochen wir uns ins Zelt, ein Glück, dass wir noch nicht angefangen hatten, es abzubauen.

 Also hockten wir am Eingang des Zeltes und beobachteten, wie die schweren Regentropfen den Sand in ein Schlammfeld verwandelten.

„Da werde ich ganz bestimmt keinen Fuß raus setzen!“, erklärte ich und schaute Eddy an.

„Ne, ich auch nicht. Ich fürchte wir sind gezwungen noch ein wenig hier drin zu bleiben.“, schelmisch lächelte er mich an.

„Das ist natürlich tragisch. Ob ich das aushalte hier noch länger mit dir zu bleiben?“, lachte ich und fing mir eine Kitzelattacke von ihm ein. Bald wurde aus unserer neckischen Rauferei ein leidenschaftliches Liebesspiel. Es dauerte nicht lange, da hatten wir uns unserer Kleidung entledigt und ließen unseren Gefühlen freien Lauf.

„Was meinst du, ist der Regen abgeklungen genug, damit wir uns wieder hinauswagen können?“, fragte Eddy mich. Wir lagen schon seit einiger Zeit kuschelnd auf den Schlafsäcken und genossen die ungestörte Zweisamkeit.

„Ich denke ja.“, antwortete ich mit Blick nach draußen.

„Dann sollten wir uns vielleicht langsam erheben, wir haben schon wieder lange genug getrödelt.“

„Du hast Recht, nicht, dass unsere Eltern noch eine Suchfahndung nach uns rausgeben.“, stimmte ich ihm zu. Zügig zogen wir uns an und bauten das Zelt ab, um nicht von einem weiteren Regenschauer überrascht zu werden.

„Das waren zwei sehr schöne Tage mit dir.“, sagte ich und schaute verträumt zu ihm rüber.

„In der Tat, das waren sie. Ich war schon lange nicht mehr so glücklich wie ich es bin.“, antwortete er und nahm meine Hand. Das der Weg zurück zum Campingplatz aufgrund des Wassers, das teilweise noch auf den Straßen stand etwas länger dauerte, störte mich nicht. Ich freute mich darüber so viel Zeit mit ihm verbringen zu können wie möglich war. Wenn wir zurück bei unseren Eltern waren, konnten wir nicht mehr so mit einander umgehen wie wir es taten, dort mussten wir uns verstecken. Auch wenn ich die Idee einer heimlichen Beziehung noch vor ein paar Tagen sehr interessant gefunden hatte, so wurde mir jetzt bewusst, wie einschränkend das war. Ich wollte Eddy am liebsten bei jeder sich bietenden Gelegenheit küssen. Später nicht einmal im Ansatz zeigen zu können, dass uns mehr als nur Freundschaft verband, erschien mir beinahe unmöglich. Ich seufzte, mir blieb wohl nichts anderes übrig als mich zusammen zu reißen.

„Was ist los?“, fragte Eddy.

„Ach ich habe nur gerade darüber nachgedacht, dass wir ja gleich so tun müssen, als seien wir nichts als gute Freunde.“, erklärte ich.

„Tut mir leid, ich hoffe du bist mir nicht böse deswegen, aber ich will mit meinem Outing eigentlich auf einen geeigneteren Zeitpunkt warten.“, entschuldigte er sich.

„Das verstehe ich ja, aber schwer fällt es mir trotzdem. Du musst verstehen, dass ich nur so vor Glück sprühe und das ich das nun mit niemand anderes teilen kann, setzt mir ein wenig zu. Aber ich akzeptiere deine Entscheidung da voll und ganz. Dennoch werde ich mich wohl bei meiner Mutter auch noch in den nächsten Tagen outen, je eher ich das hinter mich bringe, desto besser ist das.“

„Ich bewundere deinen Mut, aber es tut mir auch leid, dass du für mich zurückstecken musst.“, entschuldigte er sich erneut.

„Ist schon ok.“, sagte ich und drückte seine Hand zur Bekräftigung. Inzwischen waren wir auf dem Campingplatz angekommen und fuhren zurück zu unserem Wohnwaggon.

„Ich werde jetzt erst einmal duschen gehen und mir etwas anderes anziehen. Wir können ja danach besprechen, was wir heute Abend noch machen wollen.“, schlug ich ihm vor.

„Klingt gut. Komm einfach rüber sobald du soweit bist, ich werde vermutlich mal wieder etwas länger brauchen.“, sagte er.

„Ok.“, meine Hand lag schon auf dem Türöffner, da hielt ich noch einmal inne: „Eine Sache noch: Darf ich meinen Eltern, oder zumindest meinem Vater von uns erzählen? Ich werde ihn auch versprechen lassen, dass er kein Wort zu deinen Eltern sagt.“

„Von mir aus, so lange meine Eltern noch nichts davon erfahren, habe ich da nichts gegen.“

„Gut, dann weiß ich Bescheid.“, antwortete ich und stieg aus. Auch wenn es mir schwer fiel Eddy nicht zum Abschied zu küssen, ging ich mit einem Grinsen im Gesicht in den Wohnwaggon.

„Ahh da bist du ja wieder.“, begrüßte mich mein Vater, als ich den Wohnwaggon betrat. Er  und meine Mutter saßen in der Sitzecke und hatten beide die Nase in ein Buch gesteckt. Das schlechte Wetter schien sie trübselig zu machen.

„Ja, ich bin wieder da. Ihr seht aus, als sei euch eine Laus über die Leber gelaufen, was ist passiert?“, fragte ich.

„Schau doch mal nach draußen, wie soll man sich denn bei dem Wetter Vergnügen?“, erklärte er. Och, das geht schon, dachte ich mir und erinnerte mich daran, wozu Eddy und ich das schlechte Wetter genutzt hatten. Ich hatte einige Mühe mir ein freches Grinsen zu verkneifen.

„Du hingegen scheinst überhaupt keine Probleme mit dem Wetter zu haben. Darf man fragen wie das kommt?“, mein Vater schaute mich neugierig und vielsagend an.

„Ach, sagen wir  es so, es gab gestern eine sehr angenehme Überraschung.“, deutete ich an und mein Vater gab mir durch ein Nicken zu verstehen, dass er verstand.

„Na das ist doch schön. Freut mich, dass sich alles zum Guten gewendet hat.“, erwiderte er und vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Meine Mutter sah jedoch alles andere als zufrieden aus, in ihrem Gesicht stand ein großes Fragezeichen geschrieben.

„Kann mir bitte einmal einer erklären, worüber ihr redet?“, fragte sie empört.

„Nichts, wieso? Ich habe doch nur erklärt, das ich zwei gute Tage hatte.“, erwiderte ich lächelnd und ging in mein Zimmer. Ich hörte meine Mutter noch einmal empört schnauben, aber sie sagte nichts mehr. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte die Geheimnisse zwischen meinem Vater und mir zu ergründen. Rasch duschte ich mich und machte mich fertig, ich wollte so schnell es ging wieder mit Eddy allein sein.

„Na los, du Warmduscher, werde fertig!“, rief ich Eddy zu, als ich an ihrem Badezimmer vorbeikam. Seine Eltern hatten mich freudig begrüßt und mich hereingelassen.

„Jaja, ich komme ja gleich.“, hörte ich ihn Rufen und ging weiter in sein Zimmer. Ich setzte mich auf sein Bett und wartete ungeduldig darauf, dass er endlich aus der Dusche kam.

Plötzlich sah ich neben mir etwas aufblinken, es war Eddys Handy. Der Display des Touchscreenhandys zeigte an, das er eine neue Nachricht erhalten hatte. Am oberen Rand lief der Inhalt der Nachricht durch.

Ohne daran zu denken, dass es Eddys Handy war und es mich somit nichts anging, las ich was dort stand … und bereute es sofort. Entsetzt starrte ich auf die Zeilen die zu lesen waren und mein Inneres zog sich zusammen. Auch nachdem der Display wieder erloschen war und den Rest der Nachricht verbarg, konnte ich meine Augen nicht lösen. Ich saß dort, unfähig mich zu bewegen und die Tränen waren dabei sich ihren Weg nach oben zu bahnen. Ich fühlte mich noch nie in meinem Leben so verletzt, so hintergangen wie in diesem Augenblick. Ich bemerkte nicht einmal, wie Eddy neben mich trat. Seine besorgte Stimme riss mich aus meinen Gedanken: „Ben? Ist alles in Ordnung mit dir?“ Ruckartig wandte ich mich zu ihm um.

„Wie konntest du das tun?“, fragte ich und funkelte ihn an. In meinem Inneren kämpften Wut und Enttäuschung miteinander.

„Was tun?“, fragte er ahnungslos und nahm das Handy. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stürmte ich aus dem Wohnwaggon. Ich hörte ihn noch Rufen: „Ben, bleib stehen, was hast du denn?“, doch ich ignorierte es, ich wollte nur noch weg von ihm.

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