Italien- Teil 9

Nach einiger Zeit gibt es jetzt endlich den neunten Teil der Geschichte,

viel Spaß damit 😉

 

Der nächste Tag begann dafür ziemlich trostlos. Ohne große Motivation war ich aufgestanden, hatte einige Minuten regungslos unter der Dusche verbracht und saß jetzt mit meinen Eltern am Frühstückstisch. Ohne Appetit kaute ich auf dem Schokocrossaint rum, das meine Eltern mir mitgebracht hatten. Beide saßen mir gegenüber und schauten mich von Zeit zu Zeit erwartungsvoll an. Ich nahm ihre Blicke zur Kenntnis, doch noch reagierte ich nicht darauf. Was sollte ich ihnen schon groß erzählen? Das ich auf einen Aufreißer reingefallen war, der nur darauf aus gewesen war in einem Urlaub so viel Spaß wie möglich zu haben? Eine tolle Art meiner Mutter zu sagen, dass ich vermutlich auf Kerle stand. Das erschien mir alles ziemlich sinnlos. Ich hatte mich heute Morgen dazu durchringen können endlich die Sms von Eddy zu lesen, doch sie beinhaltete genau das, was ich erwartet hatte. Ausflüchte, noch mehr Lügen und diese noch nicht einmal mit Mühe formuliert. „Ben, lass es mich bitte erklären, es ist nicht so wie du denkst. Du solltest mir wenigstens eine Chance geben und erst danach urteilen.“ Etwas besseres als „Es ist nicht so wie du denkst“ ist ihm wohl nicht eingefallen.

„Du bist wohl immer noch nicht bereit dich uns mitzuteilen.“, seufzte mein Vater.

„Ich weiß einfach nicht was ich euch sagen soll. Ich bin auf ihn reingefallen, mehr nicht. Damit muss ich jetzt wohl leben.“, sagte ich. Innerlich fraß es mich jedoch noch immer auf.

„Auf wen reingefallen? Womit leben? Kannst du mir bitte mal erklären was überhaupt los ist?“, fragte meine Mutter. Diesmal war ich derjenige, der seufzte. Meine Mutter wusste ja noch gar nicht Bescheid. Ich sammelte ein wenig Mut in mir, um ihr zu sagen, dass ich vermutlich schwul war. Irgendwie war mir ihre Reaktion im Moment jedoch ziemlich egal.

„Ich habe mich in Eddy verliebt, aber ihm ging es anscheinend gar nicht um Liebe.“, erklärte ich. Trotz allem war ich froh es endlich ausgesprochen zu haben. Diesmal schaute ich meine Mutter erwartungsvoll an. Doch vorerst blieb eine Reaktion vollkommen aus.

„Du bist also schwul?“, fragte sie schließlich. Ich nickte. Für einen Moment glaubte ich, dass sie mich genauso auf den Arm nehmen wollte wie mein Vater. Doch ihre Miene blieb versteinert. Mein Vater setzte an die unangenehme Stille zu durchbrechen. So langsam sorgt das Schweigen meiner Mutter auch bei mir wieder für einen erhöhten Puls.

„Ben hatte mich gebeten dir noch nichts zu sagen, er wollte es selber tun.“, erklärte er.

An der Miene meiner Mutter änderte sich jedoch nicht viel, sie blieb undurchsichtig.

Endlich sagte sie etwas: „Das ist wirklich eine ziemliche Neuigkeit für mich. Eines sollst du wissen Ben: Ich bin deine Mutter und ich liebe dich, egal was passiert. Aber gib mir bitte ein wenig Zeit damit umzugehen.“ Es war nicht die Reaktion mit der  ich gerechnet hatte, nachdem mein Vater es so unglaublich gut aufgenommen hatte, aber es war in Ordnung für mich. „Ok“, gab ich zurück. Meine Mutter erhob sich, gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging ins Schlafzimmer.

„Alles in Ordnung?“, fragte mein Vater mich.

„Ich denke sie wird damit klar kommen. Wie sie gesagt hat, ich muss ihr Zeit geben.“

„Und was ist mit Eddy?“, fragte er weiter.

„Er hat mich betrogen. Viel mehr gibt da dazu nicht zu sagen. Das Thema ist durch.“  Mit einem Achselzucken erhob ich mich und ging ebenfalls in mein Zimmer. In Wahrheit versuchte ich nur meine neu aufkommenden Tränen zu verbergen.

Kaum saß ich auf meinem Bett, hörte ich wie es an unserer Haustür klopfte. Jemand öffnete und ich hörte wie ein paar Worte gewechselt wurden, doch verstehen konnte ich nichts. Nicht einmal die Stimmen konnte ich zuordnen, so leise wurde gesprochen. Schließlich wurde die Tür wieder geschlossen, Schritte kamen auf mein Zimmer zu. Es klopfte und gleich darauf wurde die Tür geöffnet. Eddy stand vor mir.

Damit hatte ich ja nun gar nicht gerechnet. „Was tust du hier? Fuhr ich ihn unwillkürlich an, obwohl ein Teil von mir sich ihm an den Hals werfen wollte. Zu meiner Verwunderung stellte ich fest, dass er ziemlich fertig aussah.

„Ich möchte mit dir reden. Bitte, schick mich nicht gleich wieder weg.“, sagte er. Etwas flehendes lag in seinem Tonfall.

„Also gut, rede. Aber erwarte nicht, dass ich dir glaube was du sagst. Du hast mich benutzt, das ist alles.“ Es war der verletzte Teil von mir der so sprach. Der andere Teil in mir wollte ihm am Liebsten auf der Stelle verzeihen.

„Es tut ziemlich weh wenn du so etwas sagst, ohne überhaupt die ganze Geschichte zu kennen. Ich hatte gedacht du hättest etwas mehr Vertrauen in mich.“, sagte er. Vorwurf schwang in seiner Stimme mit.

„Pff, du willst, dass ich dir vertraue? Du hast mich betrogen, bevor wir überhaupt zusammen waren. Es ging dir doch nur um den Sex, warum sagst du es nicht einfach? Erst Maike, dann ich. Ist doch eine gute Quote oder nicht?“, Zorn kochte in mir hoch. Er war es der mich betrogen hatte und dann wirft er mir noch vor, dass ich kein Vertrauen in ihn hatte. Doch statt es abzustreiten oder zu erklären, schüttelte er nur den Kopf.

„Du hast überhaupt keine Ahnung davon, wie viel du mir bedeutest. Ich will dich nicht verlieren, vor allem nicht so kurz nachdem ich dich gefunden habe.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Jetzt war ich vollkommen Baff. Er machte sich nicht einmal die Mühe mir irgendeine fadenscheinige Erklärung aufzutischen. Was mich jedoch vollkommen verunsicherte, war, dass er genau das ausgesprochen hatte, was mich die ganze Zeit bewegte. Ich wollte ihn nicht verlieren.

Aber ich konnte ihm so nicht mehr vertrauen. Dass er einfach so gegangen ist überraschte mich. Was er wohl vor hatte? Ich schöpfte aus der Begegnung mit ihm Hoffnung. Er hatte vollkommen anders reagiert, als ich das vermutet hatte. Was wenn er mich doch nicht betrogen hatte? Oder die Nummer mit Maike nur eine einmalige Sache gewesen war? Wieder schwirrten viele Fragen durch meinen Kopf, das wurde allmählich zur Gewohnheit. Ich sollte mich ablenken. Dieses ganze Grübeln machte mich noch wahnsinnig! Ich beschloss zum Strand zu gehen. Das Wetter war gut und so lange Eddy nicht wieder auftauchte, machte es sowieso keinen Sinn in der Bude zu hocken. Er würde mich schon finden. Ich sagte meinen Eltern kurz Bescheid und machte mich auf den Weg. Ich wollte allerdings nicht zur Bucht. Dieser Ort stellte für mich irgendwie etwas magisches da, indem die Erinnerungen mit Eddy verankert waren.

Beinahe den ganzen Tag verbrachte ich am Strand oder im Wasser. Ich schwamm, wich Geschossen von spielenden Kindern aus oder lag einfach nur da, sonnte mich und versuchte nicht an Eddy und all das zu denken. Ganz klappte das natürlich nicht und ich erwischte mich immer wieder dabei, mich zu fragen, wie es jetzt weiter geht. Wann immer das vorkam stürzte ich mich einfach ins Wasser und schwamm eine Runde.

 Inzwischen war es schon wieder später Nachmittag und ich machte mich auf den Weg zurück. Platt war ich auch, da ich sehr oft schwimmen musste. Ich beschloss kurzfristig einen Umweg über die Hauptstraße zu machen, um mir noch ein Eis zu holen. Meine Eltern hatte ich den ganzen Tag nicht mehr gesehen. Sie liefen wahrscheinlich auch am Strand rum, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass meine Mutter froh war mich eine Zeit nicht zu sehen und allein mit meinem Vater über die große Neuigkeit sprechen zu können. Immerhin war dieser Urlaub vollkommen anders verlaufen als ich mir das gedacht hatte. Von Langeweile konnte jedenfalls keine Rede sein.

An der Eisdiele holte ich mir drei Kugeln meiner Lieblingssorten, Karamel, Malaga und Schoko. Ich wandte mich gerade zum Gehen, da sah ich Eddy an einem Tisch sitzen. Er hatte ein fast leeres Bierglas vor sich und sah vollkommen niedergeschlagen aus. Sein Blick ging ins Leere, er schien mich gar nicht wahrzunehmen, obwohl ich genau in seiner Blickrichtung stand. Was mache ich jetzt? Sollte ich hingehen? Was war vorgefallen? Ich glaubte nicht, dass er nur wegen mir so deprimiert aussah, obwohl es dem nahe kam, wie ich gestern Abend oder heute Morgen ausgesehen haben musste. Auch wenn meine Wut auf ihn noch lange nicht verflogen war, bekam ich Mitleid mit ihm. Ich konnte ihn dort nicht so sitzen lassen. Unsicher ging ich auf ihn zu. Ich wusste nicht was ich sagen oder machen sollte, ich wusste nur, dass ich etwas tun musste.

“Eddy?“, sagte ich, als ich vor ihm stand. Sein Blick schien durch mich durch zu gehen. Auf eine Reaktion wartete ich vergebens. Er nahm noch einen Schluck aus seinem Glas und schaute weiter stur geradeaus.

“Eddy, was ist los?“, fragte ich, diesmal energischer. Jetzt schaute er zu mir hoch. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter, als ich in seine Augen sah. Sie waren rot, als habe er stundenlang geweint, doch das war nicht einmal das Schlimmste. Die Trauer die in seinen Augen lag, war unbeschreiblich. Ich fühlte wie sie auf mich übergriff und reines Mitleid mich durchströmte. Sofort setzte ich mich ihm gegenüber.

„Hallo Ben.“, sagte er schleppend. Es war deutlich, dass er einiges getrunken haben musste.

„Was ist passiert?“, fragte ich erneut. Er zuckte nur mit den Schultern.

„Sie haben mich rausgeschmissen.“

„Wer hat dich rausgeschmissen? Deine Eltern? Weswegen?“, löcherte ich ihn weiter. Der Schreck ihn so zu sehen saß immer noch sehr tief.

„Sie haben gesagt ich sei nichts als eine große Enttäuschung. Wie ich ihnen so etwas antun könne, nach allem was passiert sei, haben sie gefragt.“, mit einem Zug leerte er den Rest des Glases. „Eine Schande für die Familie.“, ich konnte sehen, wie die Tränen in ihm hochstiegen. Ich versuchte mir zusammenzureimen, was diese Informationen zu bedeuten hatten. Hatte er sich etwa bei seinen Eltern geoutet? Er hatte doch so große Bedenken davor gehabt. In dem Zustand werde ich wohl nicht viel aus ihm herausbekommen. Vor allem sollten wir das nicht hier inmitten von Menschen klären. Eddy winkte gerade die Bedienung heran. Er wird sich doch wohl nicht noch ein Bier bestellen wollen? Als die Bedienung den Tisch erreichte kam ich Eddy zuvor.

“Wir möchten Zahlen, bitte.“, sie nickte und verschwand.

“Ich wollte noch ein Bier!“, sagte Eddy.

“Nein, du hast genug. Lass uns gehen, dann klären wir alles andere.“, sagte ich, etwas schroffer als gewollt. Meine Wut auf ihn war noch nicht gänzlich verflogen, viel war jedoch nicht mehr von ihr übrig. Während wir warteten musste ich immer wieder an meinem Eis schlecken, da es mir beinahe schon die Hände runter lief. Der Appetit war mir jedoch vergangen. Eddy begnügte sich damit weiter ins Leere zu starren, dem Ausdruck in seinen Augen nach zu urteilen war er weit entfernt von hier. Die Bedienung kehrte mit der Rechnung zurück und ich zahlte kurzerhand für Eddy. Entsetzt stellte ich fest, dass er sieben Bier getrunken hatte. Kein Wunder, dass er so stramm ist. Obwohl er mich so verletzt hatte, brach es mir das Herz ihn so zu sehen und es machte mich umso begieriger zu erfahren, was passiert war.

“Komm Eddy, lass uns gehen.“, forderte ich ihn auf und er folgte mir bereitwillig. Hin und wieder torkelte er ein wenig, aber wir kamen gut voran. Ich war mir noch nicht sicher, wo ich mit ihm hin sollte. Sollte ich ihn zu seinen Eltern bringen? Vielleicht würden sie ihre Entscheidung überdenken, wenn sie ihren Sohn so sahen. Nein, damit ist Eddy bestimmt nicht einverstanden. Das Beste war vermutlich wenn ich ihn erst einmal mit zu uns nahm. Wenn es ihm morgen wieder besser ging blieb noch genug Zeit alles andere zu klären. Vor allem würde er mir dann erklären müssen, was überhaupt passiert war. Verziehen hatte ich ihm nämlich noch lange nicht.

Als wir am Wohnwaggon ankamen verfrachtete ich Eddy gleich ins Bett. In meins wohlgemerkt. Der Gedanke die Nacht neben ihm zu verbringen löste in mir einen neuerlichen Zwiespalt aus. Mir war noch sehr lebhaft in Erinnerung, wie wir unsere letzte gemeinsame Nacht verbracht hatten. Plötzlich spürte ich seine Berührungen wieder auf mir. Wie er mich küsste, mich streichelte, wie sich sein warmer Körper an meinen schmiegte. Ein wohliger Schauer durchfuhr mich, der gleich darauf von einer Welle Enttäuschung fortgespült wurde. Ich unterdrückte die Träne die in mir hochgeschossen war und seufzte. Wie ich diese Wendung meinen Eltern erklären sollte, wusste ich auch noch nicht. Sie waren noch nicht wieder da, aber es konnte nicht mehr all zu lange dauern, bis sie hier wieder aufschlugen. Eddy hatte nicht einmal protestiert, als ich ihn in mein Bett verfrachtet hatte und ich nahm an, dass er jetzt schon auf dem Weg ins Reich der Träume war. Ich hatte mich derweil in die Küche gesetzt und gönnte mir ebenfalls eine Flasche Bier. Nach den Ereignissen der letzten Tage lechzte einiges in mir danach es Eddy gleich zu tun und mir einfach mal ordentlich die Kante zu geben. Mein Verstand aber war hellwach und überzeugte mit dem Argument, dass das ja auch keine Probleme löste. Meine Gedanken schwirrten gleich wieder zu Eddy zurück. Er hatte mir selbst gesagt, dass er sich vorläufig nicht bei seinen Eltern outen wollte, weil er nicht sicher war, wie sie reagierten. Es war für mich das naheliegendste anzunehmen, dass das der Grund für seinen Rausschmiss war. Doch woher war dieser plötzliche Sinneswandel gekommen? Warum hatte er von jetzt auf gleich all seine Bedenken über Bord geworfen und war diesen Schritt gegangen? Eine Stimme in mir wurde lauter, dass er es für mich getan hatte. Als wir am Morgen kurz gesprochen hatten, hatte er doch davon geredet, dass ich ihm nicht genug vertraue, oder nicht? Hatte er so versucht mein Vertrauen zurückzugewinnen? Meine Gedanken überschlugen sich und die Hoffnung in mir wurde wieder größer. Den ganzen Tag hatte ich versucht nicht über die Geschehnisse nachzudenken, gebracht hat es mir nichts. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als mich der Grübelei hinzugeben. Auch wenn es sinnlos war mir große Hoffnungen zu machen, bevor ich nicht mit Eddy gesprochen hatte. Das laute Schnarchen was aus meinem Zimmer kam, verriet mir jedoch, dass ich auf das Gespräch wohl noch etwas warten musste. Nach diesem Urlaub brauche ich erst einmal Urlaub. Dass dieser Urlaub actionreicher sein könnte, als mein alltägliches Leben hätte ich vorher nicht gedacht. Ob das so gut war, musste sich aber jetzt erst noch zeigen. Je nachdem wie die Sache mit Eddy weiterging. Der Rest des Abends verlief dann noch wenig ereignisreich. Ich blieb in der Küche sitzen und grübelte über alles Mögliche nach, während ich irgendwelche langweiligen Spiele auf meinem Handy spielte. Meinen Eltern gab ich nur spärliche Auskunft darüber, warum Eddy die Nacht bei uns verbrachte, was sie jedoch erstaunlich gelassen hinnahmen. Meine Mutter verhielt sich mir gegenüber noch immer sehr reserviert, damit hatte ich jedoch gerechnet. Von Eddy war den Rest des Abends nicht mehr zu sehen, er blieb im Bett und schlief seinen Rausch aus. Gegen zehn beschloss ich dann ebenfalls ins Bett zu gehen. Ich hatte noch immer ein mulmiges Gefühl dabei neben Eddy zu liegen und das, sowie sein lautes Schnarchen, sorgten dafür, dass ich erst einmal nicht einschlafen konnte. Selbst das Musikhören half mir lange Zeit nicht weiter. Außerdem musste ich die ganze Zeit gegen den Drang ankämpfen meinen Arm um Eddy zu legen und mich an ihn zu kuscheln. Trotz der Schmerzen die er mir zugefügt hatte, war meine Sehnsucht nach ihm ungebrochen. Dennoch vermied ich jede Berührung, bis ich schließlich einschlief … Nur um wenig später wieder geweckt zu werden.

Ich sah gerade noch, wie Eddy den Raum verließ. Der wird doch nicht abhauen? Nein, im nächsten Moment hörte ich die Tür zu unserem Bad. Als er jedoch nach geraumer Zeit nicht wiederkam, beschloss ich nachzusehen. Er saß in der Küche und schaute abwesend auf ein Glas Wasser, das er sich genommen hatte.

“Ist alles in Ordnung?“, fragte ich vorsichtig, als ich mich zu ihm setzte.

“Nein, nichts ist in Ordnung, ich habe alles kaputtgemacht.“, sagte er kopfschüttelnd.

“Erklär mir erst einmal was los ist. Dann überlass mir das urteilen.“, forderte ich ihn auf.

“Ich bin ein Vollidiot, das ist los. Erst verspiele ich es mir mit dir, dann bringe ich meine Eltern dazu mich rauszuschmeißen und von Robin will ich gar nicht erst reden.“, erklärte er. Das erste Mal, dass er von sich aus etwas über Robin sagte! Wenn auch nicht viel.

„Warum haben deine Eltern dich rausgeworfen?“, hakte ich weiter nach. Für die Probleme zwischen uns blieb später immer noch Zeit.

„Ich habe ihnen gesagt, dass ich schwul bin und dann meinten sie ich solle verschwinden. Nicht ohne mir vorher zu sagen, was für eine Enttäuschung ich bin und mich wieder und wieder zu fragen, wie ich ihnen so etwas nur antun könne, nach allem was passiert ist.“ Ich konnte sehen, wie er mit den Tränen rang.

„Warum hast du es ihnen überhaupt gesagt? Du hattest mir doch erzählt, dass du nicht sicher bist, wie sie reagieren und sie das womöglich nicht positiv aufnehmen.“, ich fürchtete zu wissen, was er sagen würde. Und wenn er das sagte, was ich erwartete, musste ich meine Position zu ihm radikal überdenken.

„Wegen dir. Du vertraust mir nicht und darum wollte ich dir zeigen, wie wichtig du mir bist. Der Schuss ist wohl voll nach hinten losgegangen.“, sagte er mit einem Seufzer und nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. Ich schluckte. Das war leider genau die Antwort, die ich befürchtet hatte. Auch wenn sie mich innerlich beinahe Jubeln ließ und der Teil von mir, der ihm die ganze Zeit hatte verzeihen wollen, sich bestätigt fühlte, so fühlte ich mich dennoch schlecht. Wegen mir hatte Eddy sich mit seinen Eltern gestritten und stand womöglich vor großen Problemen.

“Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Zum Einen berührt es mich, dass du das für mich getan hast, zum Anderen fühle ich mich aber auch schlecht, dass du nun vor solchen Problemen stehst.“, gestand ich ihm.

“Du musst dir keine Vorwürfe machen. Es war meine Entscheidung, nicht deine, dich trifft keine Schuld.“, sagte er.

“Lass uns morgen mit deinen Eltern reden, vielleicht denken sie anders darüber, wenn sie eine Nacht darüber geschlafen haben.“, versuchte ich ihm Mut zu machen. Ich war nah dran ihm zu verzeihen. Ich hatte mich getäuscht. Wenn er nur ein Aufreißer gewesen wäre, dann  wäre er wohl nicht ein solches Risiko eingegangen, zumal wir unseren Spaß ja schon hatten.

„Nein, ich fürchte nicht, sie waren in ihrer Wortwahl sehr deutlich.“, gab er resigniert zurück und starrte weiter auf sein Glas.

„Das wird schon wieder, mach dir da mal keine zu großen Sorgen.  Wir klären das später in Ruhe, aber lass uns jetzt erst einmal wieder ins Bett gehen, ok?“

„Ich kann auch hier auf der Bank pennen, wenn dir das lieber ist.“, schlug er vor. Mit einem bösen Blick machte ich meine Meinung deutlich, fügte aber noch hinzu:

„Sei nicht albern!“, dann ging ich zurück in mein Bett. Eddy folgte kurz darauf.

Als er sich neben mich legte, hatte ich das große Verlangen mich an ihn zu kuscheln. Es dauerte nur einen Moment, bis ich dem Verlangen nachgab. Ich redete mir ein, dass ich das nur aus Mitleid mit ihm tat, aber in meinem Innersten wusste ich, dass ich schon kurz davor war ihm zu verzeihen. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und schaute ihm in die Augen:

„Wir kriegen das schon wieder hin, ok? Mach dir jetzt keine Gedanken mehr darum.“ Ich gab ihm noch einen Kuss. In dem Moment, wo sich unsere Lippen berührten, fühlte es sich wieder genauso an, wie vor zwei Tagen, als wir uns mitten in der Adria zum ersten Mal geküsst hatten. Es war das gleiche Gefühl. Die gleiche Freude, das gleiche Glück, dass mich durchströmte, und ich merkte, dass mein Vertrauen zu ihm beinahe zurückgekehrt war. Dennoch beließ ich es bei dem kurzen Kuss. Ich kuschelte mich an seinen Arm und schloss die Augen.

„Danke“, sagte er mit bebender Stimme, danach blieben wir beide still, bis wir schliesslich ins Reich der Träume entschwanden. Gemeinsam.

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Umfrage zu den Tiny Tales

Heute verweise ich ausnahmsweise mal nicht von meiner Facebookseite hierhin, sondern umgekehrt 🙂 Ich habe dort eine Umfrage über meine Tiny Tales gestartet, welche euch am besten gefallen. Bitte besucht einmal kurz meine Seite und setzt einen Punkt bei den zwei Tiny Tales, die euch besonders gefallen haben, dafür wäre ich euch sehr dankbar:)

Die zwei Tiny Tales, die am Ende oben stehen, werde ich bei einem Schreibwettbewerb einreichen, an dem ich teilnehmen möchte.

Vielen Dank für eure Hilfe,

liebe Grüße

John

http://www.facebook.com/pages/John-Moccasin/247965021909848

PS: Auf der Seite findet ihr auch alle Tiny Tales noch einmal zum Nachlesen;)

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It gets better

Als ich heute einmal mehr durch das Internet gesurft bin, bin ich auf Videos gestoßen, die ich mir schon länger nicht mehr angesehen hatte, obwohl sie wirklich großartig sind und ein Thema behandeln, dass mir persönlich sehr am Herzen liegt.

(Since I get clicks from the US and other Countries sometimes, I want you to now that I can translate this post to english if you want to know what its all about. Just leave a comment or send me an email.)

Heute möchte ich euch einige der Videos und Kampagnen zeigen, die sich gegen Mobbing und Diskriminierung (homosexueller) Jugendliche stark machen.

Die Videos sind auf Englisch, aber ich denke, dass das für die meisten kein Problem ist und ansonsten die Bilder für sich sprechen.

(Das Copyright sämtlicher Videos liegt natürlich nicht bei mir, sondern bei dem jeweiligen Künstler oder der Organisation)

Überhaupt wieder darauf gekommen bin ich dank dieses Videos:

Bei dieser Kampagne geht es darum, dass Heterosexuellen vermittelt wird, dass es ihnen bzw. ihrem Image nicht schadet in Kontakt zu Homosexuellen zu stehen und diese zu akzeptieren und zu respektieren. Dies ist wie ich finde eine gute Aktion, da die Botschaft überbracht wird ohne irgendwie angreifend zu sein und sie vor allem von Heterosexuellen überbracht wird.

Eine andere Aktion die sich sehr intensiv damit auseinandersetzt Jugendlichen die gemobbt werden wieder Hoffnung zu geben und ihnen zu zeigen, dass das Leben besser wird. Hier geht es zur Website der Kampagne, auf der schon so viele ihre Geschichte erzählt haben und durch die schon sehr viele, da bin ich mir sicher, neue Hoffnung geschöpft haben:

Homepage

Viele Stars unterstützen dieses Projekt und haben ebenfalls Videobotschaften verfasst um Jugendlichen neue Hoffnung zu geben. Dabei sind unter anderem Neil Patrick Harris (Besser bekannt als Barney aus „How I met your mother“), Lady Gaga sowie Barack Obama, um nur einige sehr wenige zu nennen. Auch große Organisationen wie Google oder Apple beteiligten sich an der Aktion.

Ein Video, das mich jedes Mal aufs neue tief bewegt, ist dieses hier:

Ich weiß, dass es etwas länger ist, aber ich kann jedem nur empfehlen sich die 12 Minuten zu nehmen und sich seine Geschichte anzuhören, sie ist wirklich großartig.

Zum Schluss noch zwei Musikvideos, die mir gut gefallen und das Thema betreffen:

 

Ich danke euch fürs Lesen und dafür, dass ihr dem Thema Aufmerksamkeit schenkt. Eine Bitte habe ich jedoch an euch alle: Schaut nicht weg! Wenn irgendwo in eurer Umgebung Mobbing, aus welchen Gründen auch immer, stattfindet, unternehmt etwas! Falls ihr euch nicht traut direkt einzugreifen, sucht euch jemanden der es kann, ein Lehrer, ein Passant oder notfalls die Polizei, falls es zu tätlichen Übergriffen kommt. Ich glaube, ich habe es vor Monaten schon einmal in einem anderen Post erwähnt, aber ich sage es nochmal:

Es kann nicht sein, dass sich 11-, 12-, 13- Jährige das Leben nehmen, weil sie keine Hoffnung mehr haben. Das sind Kinder! Kinder deren Leben endet, bevor es überhaupt richtig begonnen hat.  So etwas ist einfach nicht akzeptabel, vor allem nicht, wenn es wegen so etwas unwichtigem wie der Sexualität geschieht!

An alle anderen, die leider in  der Situation stecken, dass sie gemobbt werden, eins müsst ihr wissen: Es wird besser!

Ich selber hatte zwar das Glück von Mobbing großenteils verschont zu bleiben, aber auch ich hatte meine schwierigen Zeiten, in denen ich jeden Tag aufs Neue überlegt habe mein Leben zu beenden. Heute bin ich unglaublich froh es nicht getan zu haben. Mein Leben hat sich so sehr verändert, ich habe einen Partner gefunden, den ich liebe und der mich unterstützt und mir unglaublich viel Kraft gibt. Ich studiere und komme so meinem Traum ein Schriftsteller zu werden immer näher. All das, alles positive, was mir in den letzten Monaten widerfahren ist, hätte ich nie erlebt, wenn ich mich damals wirklich zu diesem Schritt entschlossen hätte. Glaubt mir, es wird besser! Das wurde es für mich und das wird es auch für euch! Lebt lange genug um die positiven Eindrücke zu sammeln, ich bitte euch darum. Sucht euch Hilfe, entweder bei Freunden, der Familie oder zur Not bei einem Arzt, denn auch Psychologen und Psychotherapeuten können und wollen euch helfen. Wenn ihr jemanden zum Reden braucht, schreibt mir eine Mail: John.Moccasin@gmx.net , ich helfe euch wo ich kann.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und bitte darum, die Botschaft weiter zu tragen, möglicherweise rettet ihr damit Leben 🙂

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Nachtschatten

Er hielt den Atem an, lauschte in die Finsternis. Da! Ein Ächzen, wie von einem Toten! War das ein Schrei?! Schnell zog er sich die Decke über den Kopf. „Mami!“

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Leuchtfeuer

Entsetzt starrten sie in den Himmel. Abertausende waren zusammen gekommen, die Stimmen zum Protest erhoben. Nun herrschte Stille.

Der letzte Krieg begann.

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Italien 8.2

Heute gibt es den vorerst letzten Teil aus der Italien-Reihe. Alle weiteren sind noch nicht fertig und müssen erst noch geschrieben werden 😉 Es kann also ein wenig dauern, bis es mit Italien weiter geht, am Ende ist die Geschichte jedoch noch nicht.

Viel Spaß beim Lesen,

John

Ziellos eilte ich durch die Gassen des Campingplatzes, vorbei an Wohnwaggons, Zelten und  argwöhnisch blickenden Urlaubern. Regentropfen prasselten auf mich nieder und durchnässten meine Kleidung, es war mir egal. In diesen Momenten war mir alles egal, ich wollte nur weg. Irgendwann kam ich am Strand an und lief auf das offene Meer zu. Die dunklen Wolken hingen noch immer fest am Himmel, Regen prasselte auf die dunklen Wogen des aufgewühlten Meeres. Ich lief bis zu den Wellenausläufern und setzte mich in den nassen Sand. Tränen strömten mein Gesicht herunter, als ich an die Zeilen dachte, die sich in meinem Gehirn festgebrannt hatten:

„Die Nacht mit dir am Montag war sehr schön, ich wünschte…“ weiter hatte ich nicht lesen können, doch ich hatte es auch gar nicht gemusst, um eins und eins zusammenzählen zu können. Es war die Nacht in der wir in der Disco gewesen waren, die Nacht in der ich Eddy knutschend mit Maike gesehen hatte und anscheinend auch die Nacht, in der Eddy noch mehr Spaß gehabt hatte. Wie konnte er nur so kalt sein und mich so hintergehen? Hatte er nicht gesagt, da wäre nicht mehr gelaufen? War er wirklich einer, der sich jede Nacht eine neue Bettgeschichte suchte? War letztendlich alles, was er mir erzählt hatte nichts als eine Lüge gewesen? Nur sanfte, umschmeichelnde Worte, um mich zu verführen? Dieses geheimnisvolle Getue um seinen Bruder, nur eine Masche, um Bräute oder Kerle aufzureißen, je nachdem was ihm gerade mehr beliebte?

All diese Fragen flogen in meinem Kopf umher und hämmerten mir gegen den Schädel wie ein Vorschlaghammer, der dabei war eine Wand einzureißen.

Ich konnte und wollte es einfach nicht glauben, dass er mich hintergangen hatte, sogar noch bevor wir überhaupt zusammen gekommen waren. Erst jetzt wurde mir klar, dass er mich rein logisch gesehen gar nicht betrogen hatte, doch diese Gedanken verflogen schnell wieder. Mein Verstand war von meinen Gefühlen ausgeschaltet worden. Diese tobten in mir, wie der schlimmste Hurrikane und trieben mir die Tränen in einem Sturzbach aus den Augen, der mit den sinnflutartigen Regenfällen von vorhin durchaus mithalten konnte. Kein Gedanke blieb mir länger als ein paar Sekunden im Geist. Vor meinem geistigen Auge sah ich nur seinen Verrat. Hin und wieder tauchten Bilder seines unglaublich süßen Lächelns auf, doch nach einem Augenblick wandelte sich dieses Lächeln in höhnisches Lachen und eine neue Welle des Schmerzes durchrollte meinen Körper. Gerade einmal vierundzwanzig Stunden hatte das unglaubliche Glück gehalten, von dem ich gedacht hatte, dass es mir niemand jemals wieder nehmen könnte. Nun hatte mich die harte Realität eingeholt. Ausgerechnet derjenige, der mir dieses Glück beschert hatte, hatte es mir auch wieder genommen und das mit einer solchen Gewalt, dass ich glaubte mein Herz sei herausgerissen worden. Ich saß dort und ließ meinen Gefühlen freien Lauf. Ich badete in meinem Selbstmitleid und meiner Trauer, ohne mich um meine Außenwelt zu scheren. Nach einiger Zeit begann ich zu zittern, durch die Nässe wurde es entsetzlich kalt. Dennoch blieb ich wo ich war, in Gedanken ging ich soweit zu sagen, dass es mir egal war, wenn ich mir eine Lungenentzündung oder ähnliches einfing. Es dauerte eine Weile bis ich es schaffte mich wieder halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. Ich begann wieder normal zu atmen und auch die Tränen versiegten langsam. Mein Hals schmerzte abscheulich und ich fühlte mich an die Zeit erinnert, in der ich als Kind zu Letzt so geweint hatte. Ich fühlte mich erbärmlich und schwach. Ich wischte mir durchs Gesicht um die Tränen fortzuwischen, doch in dem Regen machte es keinen Unterschied, nass war ich so oder so. Was sollte ich jetzt tun? Ich konnte ihm nicht unter die Augen treten. Wollte seine Ausflüchte nicht hören und mich nicht gegen seine Umschmeichlungsversuche stellen müssen.

„Ben?! Ist alles in Ordnung?“, Erschrocken fuhr ich zusammen. Mein Herz setzte einen Schlag aus, ich war so in Gedanken gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, dass sich mir jemand von hinten genähert hatte. Ich drehte mich um, obwohl ich schon wusste wer dort hinter mir stand.

„Hallo Papa.“, sagte ich mit bedrückter Stimme. Es war mir sehr unangenehm, dass ausgerechnet mein Vater mich so sah.

„Was machst du denn hier?“, fragte er besorgt.

„Ich brauchte ein wenig Ruhe um Nachzudenken.“, erklärte ich, innerlich hoffte ich, dass er sofort wieder verschwand.

„Am Strand, ohne Jacke, im strömenden Regen?“, fragte er in einem tadelnden Ton. „Los, du holst dir noch den Tod, komm nach Hause, dort reden wir über alles.“

Nach Hause war das letzte was ich jetzt wollte. Dort würde bestimmt auch Eddy schon warten. Nein, ich wollte hier bleiben, allein. „Warum bist du überhaupt hier?“, hörte ich mich fragen. Mein Stimme war nur ein heiseres Krächzen und es fühlte sich so an, als habe sich mein Geist weit von der Welt entfernt. Als habe ich mich an einen Ort tief in mir zurückgezogen, an dem ich vor dem Schmerz sicher war.

„Ich habe dich auf einmal von Eddys Wohnwagen wegrennen sehen und habe mir Sorgen gemacht. Und da deine Mutter ja noch nicht eingeweiht ist, habe ich ihr gesagt sie solle da bleiben und ich würde mich um dich kümmern. Es war nicht einfach wie du dir vorstellen kannst, du kennst ja deine Mutter. Und wenn wir nicht bald beide zurückkommen, wird sie uns lynchen. Also ich bitte dich, komm mit.“, erklärte er.

Abwesend starrte ich hinaus aufs Wasser. Ich wusste, dass mir keine andere Wahl blieb als mit zu gehen, doch ich wollte nicht. Ich wollte hier bleiben, bis ich aufwachte und sich herausstellte, dass die letzten Geschehnisse nur ein Traum waren, ein böser Traum. Ich wollte das sich herausstellte, dass noch alles in Ordnung zwischen ihm und mir war. Dass wir noch in der Bucht zusammen waren, uns küssten und einfach nur die Zweisamkeit genossen. Die Tränen begannen wieder in mir hochzusteigen.

„Ben?!“, fragte er erneut, noch besorgter als zuvor. Mit einer möglichst unauffälligen Bewegung versuchte ich mir die Tränen wieder wegzuwischen. Ich hatte es tatsächlich geschafft schon wieder zu vergessen, dass mein Vater neben mir stand.

Jetzt setzte er sich neben mich.

„Was ist los?“, fragte er.

„Nicht so wichtig.“, log ich mit tonloser Stimme. Ich starrte weiterhin aufs Meer, auch wenn ich merkte, dass er mich ansah.

„Natürlich und gleich wirst du mir auch noch erzählen, dass es dir super gut geht und das die Sonne scheint. Vergiss es. Ich gehe mal stark davon aus, dass es etwas mit Eddy zu tun hat, also bitte, erzähl es mir.“

Doch ich blieb still. Allein seinen Namen zu hören hatte mir einen Stich versetzt, als sei ich von einem Messer durchbohrt worden. Ich benötigte alle meine Kraft um nicht erneut die Beherrschung zu verlieren. Schließlich sagte ich: „Du hast Recht, wir sollten zurück gehen.“ Dort konnte ich mich in mein Zimmer flüchten und würde nicht mit ihnen reden müssen. Also stand ich auf und machte mich auf den Rückweg. Mein Vater folgte mir.

„Ich verstehe nicht, warum dich nicht mit mir darüber reden willst, ich dachte ich hätte dir gezeigt, dass du mir vertrauen kannst.“, erklärte mein Vater, dabei klang er sehr enttäuscht, beinahe verletzt.

Ich ignorierte es, ich blieb in meiner eigenen Welt gefangen. Den gesamten Rückweg über schwiegen wir. Ich ging die Gassen entlang, ohne wirklich darauf zu achten, ich fühlte mich lediglich wie ein Beobachter, ein Außenstehender, der nichts mit dem Jungen zu tun hatte, der dort entlanglief. Hin und wieder kam es vor, dass ich meine Außenwelt für einen Augenblick bewusst wahrnahm und wann immer das geschah, fragte ich mich wie wir hier hingekommen waren. Endlich kamen wir bei unserem Wohnwaggon an, Eddy war glücklicherweise nirgendwo zu sehen. Ich öffnete die Tür und stapfte wortlos an meiner Mutter vorbei. Ihre besorgten Fragen und später ärgerlichen Tadel, weil ich alles nass machte, ignorierte ich. Ich ging direkt in mein Zimmer, holte mir neue Sachen aus dem Schrank und verschwand im Bad. Während ich in die Dusche stieg, hörte ich meinen Vater sagen: „Ich habe keine Ahnung, was los ist mit ihm, er wollte mir nichts sagen. Geben wir ihm ein wenig Zeit. Wir sollten jetzt für ihn da sein, er wirkt sehr verletzt…“ Schnell machte ich das Wasser an, ich wollte nicht mehr hören. Es rührte mich zutiefst zu hören, wie sehr er sich um mich sorgte und wie er sich um mich kümmerte, obwohl ich  ihn so abgewiesen hatte. Ich stellte mich unter das heiße Wasser und spürte wie die Wärme in meine Glieder zurückkehrte. Die Tränen begannen erneut zu fließen, der Schmerz ergriff wieder von mir Besitz und vertrieb die Apathie, in die ich mich eben geflüchtet hatte. Ich sank auf den Boden der Dusche, saß unter dem laufenden Wasser und gab mich dem Schmerz erneut hin. Ich blieb so lange unter der Dusche, bis das Wasser begann kalt zu werden. Ich drehte den Hahn ab und erhob mich. All meine Glieder schmerzten, der Boden der Dusche war nicht gerade bequem gewesen. Irgendwie fühlte ich mich dennoch ein wenig besser. Es war nicht viel, doch die Wärme und auch das Weinen hatten geholfen. Ich trocknete mich ab und schlüpfte in meine Sachen. Noch immer geistig abwesend verließ ich das Badezimmer, doch vor der Tür erwartete mich meine Mutter. Ich wäre beinahe mit ihr zusammengestoßen und hätte den dampfenden Tee in ihrer Hand verschüttet.

„Hier, trink das.“, wie sie mich an. Ihre Stimme machte deutlich, dass sie keine Wiederrede duldete.

„Danke.“, krächzte ich und nahm die Tasse an mich.

„Möchtest du darüber reden?“, fragte sie mich. Ich schüttelte den Kopf und verschwand in meinem Zimmer. Sie widersprach nicht, oder versuchte mich zu irgendetwas zu drängen. Sie rief mir lediglich hinterher: „Wir sind für dich da, sag uns einfach Bescheid, sobald du darüber sprechen möchtest.“ Ohne zu antworten schloss ich die Tür hinter mir und legte mich aufs Bett. Ich holte mein Handy hervor, wie erwartet fand ich Anrufe in Abwesenheit und eine Sms von Eddy vor. Eine Zeit lang starrte ich einfach nur auf das Handy, ich wusste nicht ob ich wissen wollte, was in der Nachricht stand. Ich hatte Angst davor. Eigentlich rechnete ich nur mit irgendwelchen Ausflüchten, doch was wenn er meinen Verdacht einfach bestätigte und sich damit rühmte mich reingelegt zu haben? Ich war mir nicht sicher, ob ich das noch ertragen konnte. Ich fühlte mich, als wäre ich am Ende. Diese gesamte Woche hatte mich emotional total ausgelaugt, es waren so viele aufs und abs gewesen und dieses letzte Ereignis hatte mir den Rest gegeben. Wie sollte denn ein normaler Mensch mit so etwas fertig werden? Ich schaltete das Handy ab und legte es bei Seite, ich wollte mich seinen Worten jetzt nicht stellen. Ich war froh, dass sich meine Gefühle inzwischen wieder etwas beruhigt hatten, da wollte ich nicht sofort wieder den nächsten Schock bekommen. Um ehrlich zu sein hatte ich genug von diesem Tag. Ich wollte nur noch, dass er vorbei ging. Ich verkroch mich unter die Bettdecke und begnügte mich damit abwechselnd an die Decke und die Wand zu starren. Erneut versank ich in meinen Gedanken und blieb Ewigkeiten darin gefangen. Ich verlor den Überblick über die Zeit, doch ich glaubte es war irgendwann am Abend, als mein Vater reinkam und mich fragte, ob ich etwas Essen wolle. Nachdem ich es verneinte, ging er wieder hinaus, ohne noch etwas zu sagen. Den Rest des Abends ließen meine Eltern mich in Ruhe, auch sonst hörte ich nichts von ihnen. Irgendwann glitt ich in einen ruhelosen Schlaf, der erfüllt von bizarren Träumen war. Immer wieder tauchte Eddy auf und auch Maike fehlte nicht. Trotzdem war ich froh zu schlafen, denn ich fühlte nichts bei alle dem, was ich sah. Endlich hatte ich diesen Tag hinter mir gelassen.

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Entscheidung

Sie konnten nicht hinsehen, wie auch? Ein Schuss der alles entscheidet, lebt der Traum weiter oder nicht? Nur ein Schuss und doch so viel mehr. Tor oder nicht.

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Nacht

Ein Schuss peitschte durch die Nacht. Das Krachen zerriss die Stille. Ein Schrei. Ein Körper der zu Boden geht. Noch mehr Schüsse fallen. „Cut! Gute Arbeit.“

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Italien 8.1

Mit ein wenig Verspätung gibt es heute den achten Teil aus „Italien“.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und möchte wie immer gerne wissen was ihr über meinen Text denkt 🙂

Liebe Grüße,

John

Die warmen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht weckten mich am nächsten Morgen. Die Sonne fiel genau durch den offenen Zelteingang hinein. Verschlafen schaute ich mich um: Die Schlafsäcke lagen durcheinander im Zelt verstreut, Eddys Platz war leer. Verwundert schaute ich nach draußen, ob ich ihn am Strand irgendwo entdecken konnte, doch durch das eingeschränkte Blickfeld war er nirgends zu sehen. Für einen Moment drohte mich Unruhe zu befallen, dass er einfach abgehauen sein könnte, doch diese Furcht drängte ich sofort wieder beiseite. Ich wollte schon das Zelt verlassen, als mir auffiel, dass ich noch immer unbekleidet war. Auch wenn davon auszugehen war, dass niemand außer uns an diesem Strand war, hielt ich es für besser mit etwas anzuziehen. Mit T-Shirt und Shorts bekleidet krabbelte ich aus dem Zelt. In der warmen Morgensonne streckte ich mich erst einmal. Es war ein toller Morgen, die Sonne strahlte in aller Schönheit, der Himmel war wolkenlos blau und die Wellen brachen wieder besonders gut. Ich suchte kurz das Meer ab und war mir sicher Eddy dort mit seinem Surfbrett zu entdecken, aber es gab keine Spur von ihm. Seine Tasche und der ganze Rest waren noch da, also ging ich davon aus, dass er hier irgendwo sein musste. Lange ließ ich meinen Blick über den Strand und die Dünen streifen, bis ich Eddys braunen Schopf schließlich auf einem der hohen Steinwälle entdeckte, welche die Bucht so schön abschirmten. Insgeheim rügte ich mich selber dafür, dass ich gedacht hatte, er könne sich aus dem Staub gemacht haben. Ich machte mich auf dem Weg zu ihm und begann die Steinwand zu erklimmen. Er schien mich gar nicht zu bemerken, langsam und vorsichtig näherte ich mich ihm, so konnte ich ihn wenigsten ordentlich erschrecken. Er hatte sich ganz an das Ende des Walls gesetzt, sodass es eine Weile dauerte, bis ich über die spitzen Steine zu ihm vorgedrungen war. Endlich stand ich genau hinter ihm und da erkannte ich auch den Grund, warum er mich nicht bemerkte: Er hatte Kopfhörer in den Ohren. So saß er dort, seine Musik auf den Ohren und schrieb irgendetwas auf einen Block. Für einen Moment überlegte ich, ob ich ihn jetzt wirklich erschrecken sollte, doch meine Skrupel hielten nicht lange vor. Ich packte ihn an den Schultern, schüttelte ihn und schrie ein lautes „Buuuuuuuhhh“ in sein Ohr.

Er zuckte so heftig zusammen, dass er beinahe seinen Kulli und den MP3-Player weggeworfen hätte.

„Junge… wie kannst du mich nur so erschrecken?“, entgeistert schaute er mich an.

„Entschuldige, aber du hast das einfach provoziert.“, sagte ich und lächelte ihn an.

„Du wirst schon noch sehen was du davon hast!“, drohte er mir, dann zog er meinen Kopf zu sich hinunter und gab mir einen Kuss. Mein Inneres schlug bei diesem Kuss wieder einmal Purzelbäume, ich konnte es immer noch nicht glauben, dass mein Traum in Erfüllung gegangen war. Glücklich schaute ich ihn an, dann setzte ich mich neben ihn.

„Was machst du hier oben?“, fragte ich ihn.

„Ach nichts besonderes, ich habe lediglich Musik gehört und an einem Song geschrieben.“, antwortete er mit einem Schulterzucken.

„An einem Song geschrieben?“

„Ja, ich spiele Gitarre und schreibe meine eigenen Songs.“, er schien ein wenig verlegen zu sein, als er das sagte.

„Wirklich? Das ist ja cool, kann ich mal was hören?“, fragte ich ihn weiter.

„Nee, eher nicht, ich hab ja meine Gitarre nicht dabei, außerdem ist das mehr so ein Ding für mich selbst, ich singe nicht vor anderen.“

„Warum nicht? Ich bin mir sicher, dass du das gut kannst. Ich würde jedenfalls gerne einmal etwas von dir hören.“, versuchte ich ihn zu überreden.

„Nein.“, erwiderte er scharf, als er jedoch meinen enttäuschten Gesichtsausdruck sah lenkte er ein: „Vielleicht ein anderes Mal.“

Damit gab ich mich erst einmal zufrieden, schließlich hatte ich aus meinen Fehlern gelernt, und wusste, dass es keine gute Idee war ihn zu irgendetwas drängen zu wollen.

„Na gut. Wie lange machst du schon deine eigene Musik und schreibst Songs?“, fragte ich.

„Mhh schon länger, ich habe vor einigen Jahren angefangen Gitarrenunterricht zu nehmen und in der Folge irgendwann auch angefangen meine eigene Musik zu machen. Songtexte schreibe ich auch schon eine ganze Weile, obwohl ich jetzt schon lange keine neuen Songs mehr geschrieben hatte, heute war das erste Mal seit einer Ewigkeit.“, erklärte er.

„Klingt doch gut. Hast du schon einmal etwas aufgenommen?“

„Ja schon, aber das ist alles nicht wirklich gut. Die Möglichkeiten bei mir zu Hause sind auch nicht so groß, ich habe keine wirkliche Ausrüstung, mit der ich das machen könnte.“

„Ist doch egal, hauptsache du hast schon einmal etwas aufgenommen. Ich würde es gerne hören, sobald du mich lässt.“

„Ok ich werde dich schon noch lassen, keine Sorge.“, bot er mir lächelnd an.

„Ich hatte ja eigentlich damit gerechnet dich bei den Wellen im Wasser auf deinem Surfbrett vorzufinden.“

„Jaaa, die Wahl ist mir auch vorhin nicht gerade leicht gefallen. Die Wellen kommen heute wirklich wieder sehr gut, aber ich war heute endlich mal wieder inspiriert einen Song zu schreiben und da habe ich meiner kreativen Ader nachgegeben. Fürs Surfen haben wir ja gleich immer noch genug Zeit, doch zuerst sollten wir etwas frühstücken.“, schlug er vor.

„Aber sicher. Wollen wir mal schauen, was unsere Vorräte noch so Frühstücksmäßig hergeben.“, antwortete ich und erhob mich, nachdem ich ihm einen Kuss gegeben hatte.

So machten wir uns an den Abstieg von dem Steinwall und überlegten uns, was man wohl aus unseren Vorräten an Frühstück zaubern konnte.

Erstaunlicherweise fand sich in den Kühltaschen die wir mitgebracht hatten einiges, dass sich zum Frühstück eignete. Meine Eltern hatten, im Gegensatz zu mir, anscheinend mitgedacht und uns Milch, Haferflocken und Obst eingepackt, woraus sich zumindest ein ordentliches Müsli machen ließ.

„Also, was machen wir heute?“, fragte ich zufrieden mampfend.

„Ich weiß nicht, wir haben alle Möglichkeiten. Wir können irgendwo hinfahren, wir können hier bleiben, wir können aber auch schon wieder zurück auf den Campingplatz fahren, wenn du das möchtest.“, schlug er vor.

„Nein. Dahin müssen wir nun wirklich noch nicht. Ich bin dafür, wir bleiben erst einmal noch hier, genießen das Wetter und die Zweisamkeit.“, bot ich an.

„Ja, das klingt gut. Zurück kommen wir noch früh genug.“ Er lächelte mich an.

„Mhh wie sieht das eigentlich aus, wenn wir zurück kommen? Wissen deine Eltern schon um deine Neigung, oder nicht?“, fragte ich. Da er mir offenbart hatte, dass er ja schon länger um seine Sexualität wusste, ging ich eigentlich davon aus, dass er es ihnen schon gesagt hatte, doch bevor ich mich auf falschen Annahmen ausruhte, wollte ich lieber noch einmal nachfragen.

„Nein, sie wissen noch nichts davon.“, gab er zurück.

„Wirklich? Warum nicht?“, fragte ich überrascht.

„Ich habe lange Zeit keinen Grund dafür gesehen es ihnen zu sagen.“, sagte er mit einem Schulterzucken.

„Auch nicht, als du mit deinem Freund Kim zusammen gekommen bist?“

„Doch, zu der Zeit fing ich an darüber nachzudenken, es ihnen zu sagen. Doch irgendwie habe ich es nie übers Herz gebracht und dann ist da auch noch das mit…“, mitten im Satz hörte er auf.

„Was ist da?“ Er schien mit sich selbst zu ringen. „Du kannst es mir ruhig sagen.“, ermutigte ich ihn. Für einen Moment sah es so aus, als wollte er es mir sagen.

„Nein, noch nicht, es geht noch nicht.“, entschuldigte er sich. „Jedenfalls kam dann noch etwas dazwischen und seitdem, möchte ich das meinen Eltern nicht antun.“, erklärte er, mich weiter im Dunkeln lassend.

„Okay.“, sagte ich etwas enttäuscht  darüber, dass er mir noch immer nicht genug vertraute, um mir zu erzählen was war. Nach der letzten Nacht, hatte ich gedacht, dass er eigentlich so weit sein müsste. „Glaubst du denn, sie hätten ein Problem damit?“, hakte ich nach.

„Ich bin mir nicht sicher. Manchmal glaube ich, dass es ihnen egal wäre, manchmal bekomme ich aber auch das Gefühl, dass sie es gar nicht gutheißen würden. Auch das verunsichert mich natürlich.“, sagte er.

„Das kann ich verstehen. Ich kenne deine Eltern jetzt nicht gut genug um das wirklich einschätzen zu können. Allerdings machten sie auf mich nicht so den Eindruck, als ob sie es schlimm fänden“, teilte ich ihm meine Sicht der Dinge mit.

„Ich weiß es nicht. Ich werde es ihnen schon noch irgendwann sagen. Was ist mit dir? Du hast deine Eltern noch nicht aufgeklärt oder? Wenn du es selbst erst seit einigen Tagen weißt?“, fragte er.

„Doch, zumindest mein Vater weiß schon wie der Hase läuft.“

„Tatsächlich?!“

„Ja, ich war letztens so verwirrt, das ich unbedingt jemanden zum Reden brauchte und da fiel mir niemand anderes als mein Vater ein. Also habe ich die Gunst der Stunde genutzt, als wir alleine in der Küche waren und habe mich ihm offenbart.“

„Na, wie ist es gelaufen?“, fragte er, etwas ungeduldig.

„Sehr gut.“, antwortete ich, schmunzelnd. Ich erzählte ihm anschließend die ganze Geschichte, wie ich mir unsicher war, mich schließlich doch durchgerungen hatte, wie mein Vater es fertig gebracht hatte mir einen gehörigen Schrecken einzujagen und schließlich sogar noch, wie mein Vater mir von seiner Vergangenheit berichtet hatte.

„Na das nenne ich einmal eine coole Reaktion!“, sagte er, als ich fertig war.

„Für mich war es nicht ganz so witzig, mir ist im ersten Moment das Herz stehen geblieben, sage ich dir.“

„Das kann ich mir vorstellen, aber ich kann mir auch denken, wie viel Spaß dein Vater daran gehabt haben muss. Am Ende zählt ja nur, dass er es akzeptiert und keinerlei Probleme damit hat. Hast du vor, es deiner Mutter auch noch zu sagen?“

„Ja, schon, aber ich weiß noch nicht wann. Ist mir aber auch gleich. Ich glaube meinem Vater, wenn er sagt, dass es meiner Mutter auch keine großen Probleme bereiten sollte, also werde ich es ihr sagen, wenn die Situation es zulässt. Das bedeutet für uns wohl, dass wir uns nicht zeigen können, zumindest nicht, so lange deine Eltern in der Nähe sind?“, stellte ich fest.

„Ja bitte, mir wäre nicht wohl dabei, sie damit auch noch so zu überfallen. Ist das ok für dich?“, fragte er.

„Mhh ja, es  ist zwar etwas schade, weil ich mich wirklich darüber gefreut hatte mich offen mit dir zu zeigen, aber ich kann es verstehen.“

„Danke.“, wieder lächelte er mich an.

„Da gibt es nichts zu danken.“, erklärte ich. „Was hältst du davon, wenn wir erst einmal eine Runde ins Wasser gehen?“, fragte ich.

„Gerne, aber wir sollten nicht zu wild zu Werke gehen, denn ich bin vollgefuttert… Wie geht es überhaupt deiner Hand?“

„Das geht schon, die Schmerzen halten sich in Grenzen und ich glaube mit deiner Handschuhkonstruktion und ohne Rangelei, sollte das in Ordnung gehen.“, erklärte ich.

„Perfekt!“, antwortete er.

Danach spülten wir im Meer einmal schnell die Schalen durch und räumten die Lebensmittel weg, bevor es zu einer gemütlichen Runde Schwimmen ins Wasser ging.

Es folgte ein Tag ähnlich dem zuvor, mit schwimmen, surfen und rumalbern, nur, dass wir heute eine Paar waren und nicht nur Freunde, wie es noch gestern der Fall gewesen war.

Zitternd kam ich aus dem Wasser und lief zu meinem Handtuch.

„Es ist echt kühl geworden.“, stellte ich fest.

„Ja, erstaunlich, wie schnell das manchmal geht.“, stimmte er mir zu. Das Wetter war eigentlich den ganzen Tag gut gewesen, doch innerhalb der letzten Stunde hatte es sich zunehmend zugezogen. Dichte Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und tauchten die Bucht in ein ungemütliches grau.

„Wir sollten sehen, dass wir die Sachen zusammenpacken. Ich kann mir vorstellen, dass es bald anfängt wie aus Eimern zu schütten. Das Wetter dieses Jahr ist komisch, so wechselhaft habe ich es noch nicht erlebt.“, tat er seiner Verwunderung kund.

Wir trockneten uns so schnell es ging ab und begannen eilig damit, die Sachen alle zusammen zu räumen. Wir hatten es schon geschafft zumindest die Kühltaschen ins Auto zu bringen und unsere Taschen zu packen, als es anfing zu Regnen, als gäbe es kein Morgen mehr. Eilig verkrochen wir uns ins Zelt, ein Glück, dass wir noch nicht angefangen hatten, es abzubauen.

 Also hockten wir am Eingang des Zeltes und beobachteten, wie die schweren Regentropfen den Sand in ein Schlammfeld verwandelten.

„Da werde ich ganz bestimmt keinen Fuß raus setzen!“, erklärte ich und schaute Eddy an.

„Ne, ich auch nicht. Ich fürchte wir sind gezwungen noch ein wenig hier drin zu bleiben.“, schelmisch lächelte er mich an.

„Das ist natürlich tragisch. Ob ich das aushalte hier noch länger mit dir zu bleiben?“, lachte ich und fing mir eine Kitzelattacke von ihm ein. Bald wurde aus unserer neckischen Rauferei ein leidenschaftliches Liebesspiel. Es dauerte nicht lange, da hatten wir uns unserer Kleidung entledigt und ließen unseren Gefühlen freien Lauf.

„Was meinst du, ist der Regen abgeklungen genug, damit wir uns wieder hinauswagen können?“, fragte Eddy mich. Wir lagen schon seit einiger Zeit kuschelnd auf den Schlafsäcken und genossen die ungestörte Zweisamkeit.

„Ich denke ja.“, antwortete ich mit Blick nach draußen.

„Dann sollten wir uns vielleicht langsam erheben, wir haben schon wieder lange genug getrödelt.“

„Du hast Recht, nicht, dass unsere Eltern noch eine Suchfahndung nach uns rausgeben.“, stimmte ich ihm zu. Zügig zogen wir uns an und bauten das Zelt ab, um nicht von einem weiteren Regenschauer überrascht zu werden.

„Das waren zwei sehr schöne Tage mit dir.“, sagte ich und schaute verträumt zu ihm rüber.

„In der Tat, das waren sie. Ich war schon lange nicht mehr so glücklich wie ich es bin.“, antwortete er und nahm meine Hand. Das der Weg zurück zum Campingplatz aufgrund des Wassers, das teilweise noch auf den Straßen stand etwas länger dauerte, störte mich nicht. Ich freute mich darüber so viel Zeit mit ihm verbringen zu können wie möglich war. Wenn wir zurück bei unseren Eltern waren, konnten wir nicht mehr so mit einander umgehen wie wir es taten, dort mussten wir uns verstecken. Auch wenn ich die Idee einer heimlichen Beziehung noch vor ein paar Tagen sehr interessant gefunden hatte, so wurde mir jetzt bewusst, wie einschränkend das war. Ich wollte Eddy am liebsten bei jeder sich bietenden Gelegenheit küssen. Später nicht einmal im Ansatz zeigen zu können, dass uns mehr als nur Freundschaft verband, erschien mir beinahe unmöglich. Ich seufzte, mir blieb wohl nichts anderes übrig als mich zusammen zu reißen.

„Was ist los?“, fragte Eddy.

„Ach ich habe nur gerade darüber nachgedacht, dass wir ja gleich so tun müssen, als seien wir nichts als gute Freunde.“, erklärte ich.

„Tut mir leid, ich hoffe du bist mir nicht böse deswegen, aber ich will mit meinem Outing eigentlich auf einen geeigneteren Zeitpunkt warten.“, entschuldigte er sich.

„Das verstehe ich ja, aber schwer fällt es mir trotzdem. Du musst verstehen, dass ich nur so vor Glück sprühe und das ich das nun mit niemand anderes teilen kann, setzt mir ein wenig zu. Aber ich akzeptiere deine Entscheidung da voll und ganz. Dennoch werde ich mich wohl bei meiner Mutter auch noch in den nächsten Tagen outen, je eher ich das hinter mich bringe, desto besser ist das.“

„Ich bewundere deinen Mut, aber es tut mir auch leid, dass du für mich zurückstecken musst.“, entschuldigte er sich erneut.

„Ist schon ok.“, sagte ich und drückte seine Hand zur Bekräftigung. Inzwischen waren wir auf dem Campingplatz angekommen und fuhren zurück zu unserem Wohnwaggon.

„Ich werde jetzt erst einmal duschen gehen und mir etwas anderes anziehen. Wir können ja danach besprechen, was wir heute Abend noch machen wollen.“, schlug ich ihm vor.

„Klingt gut. Komm einfach rüber sobald du soweit bist, ich werde vermutlich mal wieder etwas länger brauchen.“, sagte er.

„Ok.“, meine Hand lag schon auf dem Türöffner, da hielt ich noch einmal inne: „Eine Sache noch: Darf ich meinen Eltern, oder zumindest meinem Vater von uns erzählen? Ich werde ihn auch versprechen lassen, dass er kein Wort zu deinen Eltern sagt.“

„Von mir aus, so lange meine Eltern noch nichts davon erfahren, habe ich da nichts gegen.“

„Gut, dann weiß ich Bescheid.“, antwortete ich und stieg aus. Auch wenn es mir schwer fiel Eddy nicht zum Abschied zu küssen, ging ich mit einem Grinsen im Gesicht in den Wohnwaggon.

„Ahh da bist du ja wieder.“, begrüßte mich mein Vater, als ich den Wohnwaggon betrat. Er  und meine Mutter saßen in der Sitzecke und hatten beide die Nase in ein Buch gesteckt. Das schlechte Wetter schien sie trübselig zu machen.

„Ja, ich bin wieder da. Ihr seht aus, als sei euch eine Laus über die Leber gelaufen, was ist passiert?“, fragte ich.

„Schau doch mal nach draußen, wie soll man sich denn bei dem Wetter Vergnügen?“, erklärte er. Och, das geht schon, dachte ich mir und erinnerte mich daran, wozu Eddy und ich das schlechte Wetter genutzt hatten. Ich hatte einige Mühe mir ein freches Grinsen zu verkneifen.

„Du hingegen scheinst überhaupt keine Probleme mit dem Wetter zu haben. Darf man fragen wie das kommt?“, mein Vater schaute mich neugierig und vielsagend an.

„Ach, sagen wir  es so, es gab gestern eine sehr angenehme Überraschung.“, deutete ich an und mein Vater gab mir durch ein Nicken zu verstehen, dass er verstand.

„Na das ist doch schön. Freut mich, dass sich alles zum Guten gewendet hat.“, erwiderte er und vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Meine Mutter sah jedoch alles andere als zufrieden aus, in ihrem Gesicht stand ein großes Fragezeichen geschrieben.

„Kann mir bitte einmal einer erklären, worüber ihr redet?“, fragte sie empört.

„Nichts, wieso? Ich habe doch nur erklärt, das ich zwei gute Tage hatte.“, erwiderte ich lächelnd und ging in mein Zimmer. Ich hörte meine Mutter noch einmal empört schnauben, aber sie sagte nichts mehr. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte die Geheimnisse zwischen meinem Vater und mir zu ergründen. Rasch duschte ich mich und machte mich fertig, ich wollte so schnell es ging wieder mit Eddy allein sein.

„Na los, du Warmduscher, werde fertig!“, rief ich Eddy zu, als ich an ihrem Badezimmer vorbeikam. Seine Eltern hatten mich freudig begrüßt und mich hereingelassen.

„Jaja, ich komme ja gleich.“, hörte ich ihn Rufen und ging weiter in sein Zimmer. Ich setzte mich auf sein Bett und wartete ungeduldig darauf, dass er endlich aus der Dusche kam.

Plötzlich sah ich neben mir etwas aufblinken, es war Eddys Handy. Der Display des Touchscreenhandys zeigte an, das er eine neue Nachricht erhalten hatte. Am oberen Rand lief der Inhalt der Nachricht durch.

Ohne daran zu denken, dass es Eddys Handy war und es mich somit nichts anging, las ich was dort stand … und bereute es sofort. Entsetzt starrte ich auf die Zeilen die zu lesen waren und mein Inneres zog sich zusammen. Auch nachdem der Display wieder erloschen war und den Rest der Nachricht verbarg, konnte ich meine Augen nicht lösen. Ich saß dort, unfähig mich zu bewegen und die Tränen waren dabei sich ihren Weg nach oben zu bahnen. Ich fühlte mich noch nie in meinem Leben so verletzt, so hintergangen wie in diesem Augenblick. Ich bemerkte nicht einmal, wie Eddy neben mich trat. Seine besorgte Stimme riss mich aus meinen Gedanken: „Ben? Ist alles in Ordnung mit dir?“ Ruckartig wandte ich mich zu ihm um.

„Wie konntest du das tun?“, fragte ich und funkelte ihn an. In meinem Inneren kämpften Wut und Enttäuschung miteinander.

„Was tun?“, fragte er ahnungslos und nahm das Handy. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stürmte ich aus dem Wohnwaggon. Ich hörte ihn noch Rufen: „Ben, bleib stehen, was hast du denn?“, doch ich ignorierte es, ich wollte nur noch weg von ihm.

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Der Test 2

Positiv? Sie traute ihren Augen kaum. Nach so langer Zeit … dabei hatten sie die Hoffnung schon aufgegeben. Ein Traum ging in Erfüllung. Schwanger, endlich!

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