Heute gibt es wie versprochen den zweiten Teil meiner Italien Geschichte.
Damit kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich an dieser Stelle den Hinweis geben, dass die Darstellung bestimmter Personen ABSICHTLICH vollkommen klischeebelastet ist und nicht meinem wirklichen Bild der Menschen entspricht:) Mit diesem Hinweis wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen,
lieben Gruß
John
Ich schlug die Augen auf und blickte an die, mir unbekannte, Kunststoffdecke. Wo bin ich? Dann kehrten auch schon die Erinnerungen an den letzten Abend zurück. Erstmal was frühstücken. Ich zog mir schnell meine Shorts an und watschelte in die Küche, während ich versuchte mir den letzten Schlaf aus den Augen zu reiben.
„Ahh, guten Morgen. Ist der Nachtschwärmer also auch schon aufgestanden?“ begrüßte mich mein Vater, als ich die „Küche“ betrat. Die Küche bestand eigentlich nur aus einer kleinen Schrankwand, in die eine Spüle, ein Herd und ein Ofen eingelassen war, sowie ein kleiner Tisch mit einer Sitzecke, für 2-3 Personen und zu guter Letzt zwei Stühle. Da ich gestern keine Zeit gehabt hatte, mich mit unserem Wagon zu beschäftigen, schaute ich mich jetzt ein wenig genauer um. Die Aufteilung war sehr einfach. Am linken Ende lag mein Zimmer, direkt an dem Flur angeschlossen das Badezimmer, mit Dusche, Toilette und Waschbecken. Vom Eingang aus auf der rechten Seite lag die offene Küche und am rechten Ende, das zweite Schlafzimmer. Für zwei Wochen wird’s wohl reichen. Meine Eltern saßen um den Küchentisch, der mit Frühstück gedeckt war.
„Ja, bin ich. Wie spät ist es überhaupt?“ fragte ich und ließ mich auf die Sitzbank fallen.
„Halb Elf. Darf man fragen, wo du so lange warst?“
„In der Bar und am Strand, wenn ihr es unbedingt wissen wollt“ der Groll gegen meine Eltern kehrte zurück, allerdings schon viel schwächer, als er gestern noch gewesen war.
„Allein?“ fragte meine Mutter erstaunt.
„Nein, mit dem Jungen der nebenan wohnt, Eddy.“
„Ahh, hast du also schon einen Freund gefunden?“ freute sie sich mit einer Stimme, als würde sie mit einem Acht-jährigen reden.
„Hör auf das in den Dreck zu ziehen, ich versuche nur, mir die Zeit hier etwas erträglicher zu machen.“ erwiderte ich gereizt.
Meine Mutter wollte sich gerade über meinen Ton beschweren, da wechselte mein Vater geschickt das Thema: „Du weißt nicht zufällig , was es mit dem kaputten Gartenstuhl vor dem Wagon auf sich hat, oder?“
„Doch, ich habe mich reingesetzt, und er ist zerbrochen“ erklärte ich.
„Dann sei bitte so nett und ruf später bei der Verwaltung an, dass die uns einen Neuen Stuhl bringen“ bat mein Vater, sichtlich bemüht, einen Streit zu verhindern.
„Ja, mach ich später.“ Nachdem ich gefrühstückt und geduscht hatte, ging ich nach draußen.Es war noch nicht einmal 11 Uhr, dennoch waren es auf dem Thermometer schon knapp 30° Celsius.Neben dem Tisch lagen noch immer die Trümmer des Stuhls. Ich erinnerte mich daran, wie er unter meinem Gewicht zusammen gebrochen war und schmunzelte. Das muss wirklich komisch ausgesehen haben. Der Wagon von Eddy lag verlassen da,sogar das Auto war weg.
Schade, eigentlich hatte ich gehofft heute wieder etwas mit Eddy machen zu können.
Vielleicht kommt er ja auch gleich irgendwann wieder. So würde ich mich erst einmal dem Stuhlproblem zuwenden. Um zu gucken, ob die anderen Stühle stabiler waren, übte ich mit einer Hand ein wenig Druck auf einen der Stühle aus. Sofort knackte es bedrohlich. Das war mir Beweis genug. Auf dem Weg nach drinnen kamen mir meine Eltern entgegen. Sie erfüllten voll und ganz das Klischee eines typischen deutschen Urlaubers: Mein Vater trug ein weißes Unterhemd und eine kurze Badeshorts, auf dem Kopf eine alte Kappe und unter den Armen schleppte er Liegestuhl und Sonnenschirm. Meine Mutter war beladen mit einer Strandtasche und einer Kühltasche. Ihre Kleidung war bestimmt schon vor zwei Jahrzehnten out gewesen. Also bei denen in der Nähe werde ich mich nicht blicken lassen, das ist ja peinlich!
„Wir wollen jetzt ein wenig zum Strand, kommst du mit?“ fragte mein Vater.
„Nein, ich werde mich jetzt erst mal um den Stuhl kümmern, eventuell schaue ich später mal vorbei.“
„Danke, bis nachher.“ antworte mein Vater, meine Mutter begnügte sich damit mich schnippisch an zugucken, sie war immer noch eingeschnappt, weil ich sie beim Frühstück so angemacht hatte.
Als sie weg waren,nahm ich mir das eingebaute Telefon und rief bei der Verwaltung des Parks an, es dauerte eine Zeit, bis jemand abnahm.
„Buona giornata, gestione de parchi“
„Äh….si“ stammelte ich, ich hatte kein Wort verstanden. „Tengo….un…problema..“
„English, Italiano, Portugese o German?“ unterbrach mich eine sympathische Frauenstimme.
Warum versuchte ich auch auf Spanisch mit ihr zu reden?
„German, bitte“ Oh man, wie peinlich…
„Wie kann ich Ihnen helfen?“ fragte die Frau, in flüssigem Deutsch.
„Ähm ja, wir haben hier ein Problem mit den Gartenmöbeln. Einer der Stühle ist gestern zusammengebrochen.“
„Ok, ich schicke ihnen sofort einen Mitarbeiter, sagen Sie mir bitte einmal die Nummer ihres Wagons.“
„Aber natürlich, Wagon 1902, in Block N.“
Es dauerte eine halbe Stunde, bis ein Truck des Campingplatzes vorgefahren kam. Ein Mann stieg aus. Er war klein und schmächtig, um den Hals trug er eine goldene Kette mit einem Abbild der heiligen Jungfrau Maria. Er kam auf mich zu und reckte mir, mit einem schleimigen Lächeln im Gesicht, die Hand entgegen.
„Mein Name iste Guiseppe, wie ich kann helfen?“
„Ben“ stellte ich mich knapp vor und deutete auf den kaputten Stuhl „Die Stühle sind kaputt, die brechen sofort zusammen, wenn man sich drauf setzt.“
„Das ähh kann nicht sein! Sind äh höchste Qualität, wenn Sie haben zerbrochen die Stühle, sie müssen bezahlen!“ Hab ich mich verhört?
„Entschuldigen Sie,“ ich war bemüht trotz der dreisten Forderung des Parkangestellten ruhig zu bleiben. „Sie haben da wohl etwas falsch verstanden, die Stühle waren schon instabil, als wir ankamen. Sie können sich ja gerne mal setzen, und sich selbst von dem schlechten Zustand der Stühle überzeugen.“ Ich hatte gehofft, dass Guiseppe Probleme mit dem Deutsch gehabt hatte, als er unterstellte, dass ich den Stuhl absichtlich beschädigt hätte, doch das war nicht der Fall. Ich hatte lediglich das Heißblut des Italieners unterschätzt.
„Das iste einfach unglaublich! Sie glauben ich sei dumm,doch das ich kann garantieren, iste nicht der Fall, denn ich habe sehr wohl verstanden. Ich verstehe wie Sie Deutsche hier hin kommen, denken alle Italiener wären doof und können einfach machen kaputt, was sie wollen!“ Ich wusste überhaupt nicht wie mir geschah, mehr und mehr redete der Mann sich in einen Rausch. Er beschwerte sich über den Müll der deutschen Touristen, darüber, dass die Deutschen andauernd italienische Mädchen verführen würden und immer so weiter. Hilflos stand ich da und versuchte verzweifelt, nicht über den 1,50 Meter großen , wie Rumpelstilzchen hüpfenden, fast kahlköpfigen Mann zu lachen. Schließlich wurde ich von der italienischen Nationalhymne gerettet.
Laut und scheinbar voller Stolz schmetterte Guiseppes Handy DAS Symbol italienischen Nationalstolzes. „Scusi“ unterbrach der Mann seine Schimpftirade und zog das Handy hervor. „Maria…“ mehr verstand ich nicht, denn der Rest war nur noch italienisches Kaudawelsch für mich. Es dauerte nicht lange, da wurde er wieder lauter. Schließlich brüllte er in das Telefon, so wie er eben noch mich angebrüllt hatte. Plötzlich verstummte er. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht und er brachte nur noch ein Wort hervor: „Mama“. Sogar ich konnte hören, wie die Mutter ihren Sihn durch das Telefon zusammenfaltete. Dieser indes wurde immer kleiner und kleiner, das einzige Wort was jetzt noch über seine Lippen kam, war „Scusi“. Wie ein geschundener Hund trottete er umher, sich immer wieder entschuldigend. Bevor ich eine Warnung von mir geben konnte, setzte er sich in einen der Stühle. Es knackte und ihn ereilte das gleiche Schicksal, welches auch mich am vorigen Abend. Ich eilte zu ihm, um ihm auf zu helfen, da hörte ich Eddys Stimme: „Das ist aber nicht sehr nett von dir, du wusstest doch, dass die Stühle kaputt sind. Der arme Guiseppe“
Er stand neben dem Truck, ich wollte mich schon verteidigen, aber sein breites Grinsen verriet mir, dass der Vorwurf nicht nicht ernst gemeint war. Verwirrte kam der kleine Italiener wieder auf die Beine. Er sagte noch kurz etwas ins Handy und schob es zurück in seine Tasche. Ein breites Lächeln trat auf sein Gesicht, als er Eddy sah. Freudig schlossen die beiden sich in die Arme und nun war ich derjenige der verwirrt guckte.
„Wir kommen schon seit einigen Jahren her und im Laufe der Zeit haben wir uns miteinander angefreundet.“ erklärte Eddy.
„Sage mal, wo iste klein Robin? Iste er dieses Jahr nichte mit?“ fragte Guiseppe ihn.
„Äh nein, ist er nicht.“ erwiderte dieser und für einen Moment lag wieder dieser traurige Ausdruck in seinen Augen. Nur für eine Sekunde, dann war das Lächeln zurück, doch seine Augen wirkten auch einige Augenblicke später noch sonderbar leer.
Wer war dieser Robin? Und warum löste dieser Name so eine Reaktion bei Eddy aus? Ich nahm mir vor ihn später danach zu fragen.
„Iche glaube, ich muss mich bei ihnen entschuldigen,ich werde ihnen sofort neue Stühle geben.“ sagte Guiseppe und fing an, die kaputten Stühle gegen neue von seinem Truck zu tauschen.
„Also, wenn du jetzt jedes mal einen Stuhl kaputt gehen läßt, wenn ich um die Ecke komme, machst du den Campingplatz arm.“ neckte Eddy mich weiter.
„Das war eigentlich nicht mein Plan. Wo warst du? Ich hatte schon befürchtet, ich muss den Tag mit meinen Eltern verbringen.“
„Ich war mit meinen Eltern auf dem Fischmarkt, sie wollten unbedingt, dass ich mit gehe.“
„Fangen diese Dinger nicht immer schon um 6 Uhr an?“
„Ja leider. Ich hab 2 Stunden geschlafen. Aber egal. Kannst du surfen?“
„Tjaa, ich hab 7 Stunden geschlafen.“ Für diesen Kommentar erntete ich einen bitterbösen Blick. „Weiß nicht, habe ich noch nie ausprobiert, warum fragst du?“
„Ich könnte versuchen es dir beizubringen. Wenn meine Eltern gleich hier sind können wir zu einem Strand fahren, an dem man super surfen kann, Da ist auch nicht so viel los, wie hier an der überfüllten Promenade.“
„Gerne, ich wollte schon immer mal surfen lernen.“
Inzwischen war Guiseppe fertig mit dem Austauschen der Stühle, sogar die Teile der beiden zerstörten Stühle hatte er eingesammelt.
„Bitte entschuldigen Sie noch einmal mein Verhalten, iche habe manchmal mit der vielen Sonne zu kämpfen, Sie verstehen?“ versuchte er sich rauszureden.
„Ist schon Ok.“ entgegnete ich und Guiseppe verschwand in seinem Truck. „Komischer Kautz. Du kannst dir nicht vorstellen, wie der vorhin über uns Deutsche gemeckert hat.“ erzählte ich Eddy.
„Du musst wissen, seine beiden Ex-Frauen haben ihn jeweils wegen deutschen Touristen verlassen, seitdem mag er uns Deutsche so wenig.“
„Das erklärt natürlich einiges.“
„Ja. Meine Eltern werden gleich hier sein, ich gehe mich schon einmal umziehen, dann können wir sofort los.“
Eine Stunde später parkten wir das Auto am Rand einer Straße, die parallel zum Meer verlief. Die Temperaturen hatten bereits ihren Hochpunkt erreicht, 36°Celsius zeigte das Thermometer im Auto. Lediglich der Wind sorgte dafür, dass man es noch einigermaßen aushalten konnte.
Auf der Fahrt zum Strand hatte Eddy mir einige lustige Stories über Guiseppe erzählt, wie sie ihn zum Beispiel einmal zum Grillen eingeladen hatten, bei dem er sich sehr viel Wein einverleibt hatte. Als sie dann am nächsten Morgen auf dem Weg zum Strand waren, fanden sie ihn in einer Hecke schlafend, weil er den Weg zum Bungalow der Mitarbeiter nicht mehr gefunden hatte.
Nach der Fahrt im aufgeheizten Auto drängten wir jetzt beide darauf, ins kühle Wasser zu kommen. Ich holte zwei Handtücher aus dem Kofferraum, Eddy löste unterdessen die Surfbretter vom Dach.
Er drückte mir das längere von beiden in die Hand, ein schlichtes, weiß-grün gestreiftes Surfbrett.
Sein Brett hingegen war vollkommen anders: es war ein gute Stück kürzer als meins und wilde Graffities zierten beide Seiten.
„Warum habt ihr eigentlich zwei Surfbretter? Ich gehe mal nicht davon aus, dass deine Eltern surfen und du alleine brauchst doch keine zwei oder?“ fragte ich ihn.
„Nein, meine Eltern surfen nicht, aber dieses hier,“ er hob seins hoch, „gehörte einmal jemand anders, der es jetzt nicht mehr benötigt.“ erklärte er. „So nun muss ich einmal schauen, wo der Eingang war“
Er ging vor der Rosenhecke auf und ab und suchte. Verwirrt schaute ich ihm zu. Die Hecke war so hoch, dass man kaum darüber gucken konnte.
Die Äste saßen voller Dornen und spitzer Stacheln, ich glaubte nicht, dass wir da durchkamen.
„Bist du sicher, dass das hier war? Für mich sieht das nämlich nicht so aus, als ob man da durch zu einem Strand kommt.“ erkundigte ich mich.
„Doch, doch. Es gibt hier irgendwo einen Durchgang, ich muss ihn nur wiederfinden. Aha!“
Triumphierend lächelte er dann schob er plötzlich sein Surfbrett durch die Hecke. Vor uns lag ein Durchgang, der gerade breit genug war, dass ein Mensch hindurch passte, ohne sich an den Dornen zu verletzen. Das Surfbrett lag auf dem Boden und bildete einen Steg über einen abgeknickten Ast.
„Bitte, nach ihnen“ freundlich bedeutete Eddy mir hindurch zu treten.Verwundert schob ich mich durch die Hecke, vorsichtig darauf bedacht, keine Bekanntschaft mit den Stacheln zu machen.
„Sag mal, wie hast du denn diesen Weg gefunden?“
Eddy folgte mir, dann zog er sein Surfbrett hervor, der Ast schleuderte zurück in die Hecke.
Wer nicht wusste, dass es diesen Ast gab, wäre nie auf die Idee gekommen, dass er so biegsam war und einem die Möglichkeit gab die Hecke zu passieren.
„Durch Zufall. Wir waren einmal unterwegs, da schubste mein….“ mitten im Satz verstummte er, sein Blick wurde glasig.
„Jaa? Wer machte was?“ hakte ich nach.
„Nicht so wichtig“ wehrte er ab „Lass uns zum Wasser gehen, mir ist echt schweinsmäßig warm.“ fuhr er abwesend fort.
Wie sollte ich das jetzt wieder verstehen?
Ich folgte ihm über eine Düne, dahinter lag einer der schönsten Strände, die ich je gesehen hatte.
Hohe Steinwälle zogen sich von der Düne bis einige hundert Meter ins Wasser und es schien, als schirmten sie die Bucht vom Rest der Welt ab. Wellen die einige Meter hoch waren strömten herein.
Außer uns befand sich keine Menschenseele in der Bucht.
Es waren keine Autos zu hören, keine herumschreienden Kinder, nur das Rauschen der Wellen.
Eine salzige Brise wehte mir ins Gesicht, die Zeit an diesem Ort schien still zu stehen.
„Bezaubernd nicht wahr?“ Eddy schaute mich an, auch er war von dem Eindruck überwältigt.
„Ja. Na los, sonst brennen mir die Füße weg!“ Ich rannte die Düne hinunter, am Strand ließ ich die Handtücher fallen, ehe ich mich mitsamt Surfbrett in das Kühle Wasser stürzte.
Was für ein unglaubliches Gefühl.
Es kam mir vor, als sein eine Ewigkeit vergangen, ehe wir wieder aus dem Wasser kamen. Den ganzen Tag hatten wir damit zugebracht zu schwimmen, zu surfen oder uns gegenseitig unter Wasser zu drücken.
Eddy hatte mir gezeigt, mit welchen Körperhaltungen und Bewegungen ich mich am besten auf dem Brett hielt.
Nach gefühlten 100 Fehlversuchen, welche sehr zu seiner Belustigung beitrugen, schaffte ich es schließlich mich einige Sekunden auf dem Brett zu halten. Von da an, klappte es immer besser.
Eddy hingegen schien für das Surfen gemacht worden zu sein. Elegant bewegte er sich durch die Wellen, sprang mit dem Brett oder vollführte Drehungen.
Wann immer er auf dem Brett stand begnügte ich mich damit, mich im seichten Wasser treiben zu lassen und ihn zu beobachten.
Wie er so durch das Wasser glitt, schien er die Welt um sich herum zu vergessen. In seinen Augen lag dann dieser glückliche Ausdruck, ein völliger Unterschied zu der Trauer und dem Schmerz, den ich inzwischen schon einige Male hatte bei ihm sehen können.
Jetzt schleppten wir uns aus dem Wasser an den Strand, ich war so kaputt wie schon lange nicht mehr. Der Himmel nahm bereits eine glutrote Farbe an, also musste es mindestens sieben Uhr sein.
Erschöpft ließ ich das Surfbrett in den Sand plumpsen und schnappte mir ein Handtuch.
„Meine Güte, das war ein Spaß!“ meinte Eddy schwer atmend.
„Ja, ich glaube, ich war noch nie so lang am Stück im Wasser“ pflichtete ich ihm bei „Aber wir sollten das unbedingt noch einmal machen.“
„Das sollten wir auf jeden Fall! Dafür, dass du heute zum ersten Mal auf einem Surfbrett standest, hast du dich echt gut geschlagen“ sagte er und lächelte mich einmal mehr an.
„Danke“ sagte ich etwas verlegen. Ich mochte es nicht, wenn man mir Komplimente machte.
„Ab und zu sahst du zwar aus wie eine hysterische Katze…“
„Arsch!“ sagte ich halb-ernst und musste lachen.
„Du hast dich an dem Brett festgeklammert, als wärest du von Haien umgeben!“ zog er mich weiter auf.
„Na warte!“ Ich stürzte mich auf ihn und wir begannen auf dem warmen Sand zu rangeln.
Schließlich musste ich mich geschlagen geben, er saß auf mir, mit den Knien drückte er meine Oberarme auf den Boden, mit den Händen hielt er meine Handgelenke am Boden. Überlegen grinste er mich an.
“Das war jetzt eine äußerst schwache Vorstellung von Ihnen. Wer einen Krieg anfängt und verliert, sollte auch eine passende Entschädigung zahlen!“
Seine grünen Augen schauten mich auffordernd an. In meiner Magengegend fing es auf einmal an zu kribbeln. Das Kribbeln irritierte mich, doch ich war bemüht mir nichts anmerken zu lassen.
„Mal sehen…wie wärs mit…..einem Bier?“
„Nein, nicht genug. Neuer Vorschlag!“
„Mhh was gibt es denn noch?“ Ich tat als würde ich an ihm schnuppern. „Wie wäre es mit einen Shampoo?“ angriffslustig schaute ich ihn an.
„Vorsichtig. Sie sind nicht in der Position für Scherze!“ Man sah ihm an, dass es ihm immer schwerer fiel ernsthaft zu wirken.
„Schon gut, wie wäre es mit einer Pizza? Halten Sie das für einen angemessenen Preis, um mein frevelndes Vergehen zu entschuldigen?“
„Ja, ich denke so kommen wir ins Geschäft.“ Er ließ meine Arme los. „Na komm, ich hab mächtig Kohldampf“
„Moment!“ Irgendwie fühlte es sich angenehm an, dass er mir so nahe war. „Wofür steht das R?“
Ich zeigte auf den silbernen Marines-Anhänger, den er um den Hals trug.
Nur ein schwungvolles R war darauf zu sehen.
„Nicht so wichtig.“ erwiderte er und ich merkte sofort, dass ich die falsche Frage gestellt hatte.
Er ging von mir runter und begann wortlos damit, sich von dem vielen Sand zu befreien.
Scheint wohl ein heikles Thema zu sein, besser ich frage erstmal nicht mehr danach.
Zum Glück hielt seine schlechte Laune nicht lange an und wir verbrachten die Rückfahrt scherzend und uns gegenseitig aufziehend.
Als wir endlich wieder am Campingplatz ankamen, erlebten wir eine kleine Überraschung.
Unsere Eltern saßen zusammen und grillten, sie schienen sich gut zu verstehen.
„Da seid ihr ja wieder, und gute Wellen dabei heute?“ fragte Eddys Vater, alle vier schauten uns erwartungsvoll an.
„Ja, die Wellen waren heute wieder echt gut, wir sind den ganzen Tag nicht aus dem Wasser gekommen.“ antwortete Eddy.
„Dann esst doch erst einmal etwas, wir haben noch einige Steaks und Würstchen.“ schlug meine Mutter vor, der Disput des Morgens schien vergessen zu sein.
Eddy und ich schauten uns fragend an, dann meinte er: „Von mir aus kannst du deine Schulden auch morgen noch bezahlen.“
„Ja gut, dann nehmen wir gerne was.“ antwortete ich und wir setzten uns.
Es folgte ein angenehmer Abend mit reichlich Essen und der ein oder anderen peinlichen Geschichte, die unsere Eltern über uns Preis gaben.
Spät am Abend verabschiedeten wir uns dann voneinander, aber nicht, ohne uns für den nächsten Tag zum erneuten Surfen zu verabreden.
Hey John,
wenn ich diese Geschichte hier in Form eines Buches in den Händen hielt, könnte ich nicht aufhören und würde es die Nacht durchlesen.
Deine Schreibweise ist so lebendig, so realistisch, so einfühlsam und ich habe das Gefühl in Italia zu sein, wie ein stiller Beobachter in der Nähe.
Danke für diesen schönen zweiten Teil.
Tanti Saluti Angelo
Ciao Angelo, (das bedeutet doch ebenso „Hallo“ wie „Tschüss“, oder nicht?)
es ist schön zu hören, dass ich dich mit meiner Geschichte so fesseln konnte.
Früher war ich häufiger am Gardasee oder an der Adria im Urlaub, das war damals eine schöne Zeit und ich habe versucht ein paar meiner Erinnerungen mit in diese Geschichte zu bauen.
Liebe Grüße,
John
Ja, das bedeutet es, John. Und bei deinem Versuch ist es nicht geblieben, du schreibst sehr lebendig. So kann man eigentlich nur erzählen, wenn man, wie du, seine Erinnerungen mit einbringt.
Und ich danke dir auch für deinen Kommentar zu dem Video, das hat mich richtig gefreut. Ein guter Freund von mir hat es mir geschickt, er heiratet im Juni seinen Freund und die beiden sind im 7. Himmel. Natürlich antworte ich dir da auch noch, aber etwas später. Ich hatte gestern nicht viel Bock auf WordPress. Manchmal ödet es mich da echt an und ich brauche dann meine Auszeit. Weisst du, ich rede gerne und viel, aber wenn dann kaum etwas zurück kommt, das tut mir dann doch etwas weh. (Liebe Heike, ganz besonders du bist natürlich nicht gemeint!) Oh Mann, was ich hier schreibe gehört nicht hier hin.
Ist schon manchmal seltsam, wen man in WP so per Zufall trifft. Ich hatte nur ein einziges Wort als Suchbegriff eingegeben und schon war u. a. dein Blog auf dem Bildschirm. Ja, so kann es manchmal kommen.
Grazie per la tua Amicizia e per il tuo gentile Commento nel mio Blog.
Ich habe mich gerade für deine Kommentare in meinem Blog bedankt. 😉
Tanti Saluti dä Angelo
Ich kann mir vorstellen, dass die Zwei im 7. Himmel sind, ich freue mich für sie. Wo kommen die denn her, auch aus Deutschland, oder aus Italien?
Kann ich verstehen, ich habe diese Seite im August letzten Jahres erstellt und du warst der erste und bist bisher der einzige, der hier kommentiert. Das war manchmal schon sehr frustrierend, auch wenn mir am Anfang klar war, dass es etwas dauern würde, bis der Stein ins Rollen kommt, hatte ich mit einer so langen Zeit nicht gerechnet.
Jetzt interessiert mich natürlich was der Suchbegriff war, dass du damit gerade auf meinen Blog gestoßen bist 🙂
Ich danke dir auch für deine Kommentare und dein Interesse an meinem Blog,
ich muss mich jetzt sputen, damit ich meinen Bus zur Uni noch erwische^^
Lieben Gruß,
John
Die beiden sind Deutsche und leben auch hier.
Du fragst nach dem Suchbegriff… den möchte ich dir hier an dieser Stelle nicht mitteilen. Vielleicht später einmal. ^^
Saluti Angelo 🙂